Am 13. Februar sind alle wahlberechtigten Berliner aufgerufen, sich am Volksentscheid „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück!“ zu beteiligen.
Man hätte es der Bürgerinitiative Berliner Wassertisch zunächst gar nicht zugetraut, dass sie mit ihrer Forderung nach Offenlegung der Teilprivatisierungsverträge zu den Berliner Wasserbetrieben einmal das erfolgreichste Volksbegehren Berlins auf die Beine stellen würde. Erfolgreich war das bereits 2007 gestartete Volksbegehren in zweierlei Hinsicht. Zum einen wurden in der zweiten Stufe so viele Unterschriften gesammelt, wie es die letzten großen Volksbegehren Pro Reli und Tempelhof nicht vermochten. Dies ist eine gute Vorlage für die dritte Stufe – den Volksentscheid, der am Sonntag, den 13. Februar stattfinden wird und bei dem die wahlberechtigten Berliner darüber abstimmen sollen, ob sie dem Gesetzentwurf des Wassertischs zustimmen wollen oder nicht. Der zweite Erfolg des Volksbegehrens liegt darin, die etablierte Politik bereits zu Schritten genötigt zu haben, die sie ohne diesen Druck nicht unternommen hätte. Immerhin gibt es seit 2010 ein neues Informationsfreiheitsgesetz, das den Bürgern Einblick in bestimmte Privatisierungsverträge geben soll, und zudem veröffentlichten der Senat und seine privaten „Partner“ im Herbst von sich aus das bis dahin geheime Vertragswerk zu den Wasserbetrieben. Dieser Clou sollte wohl der Bürgerinitiative den Wind aus den Segeln nehmen da – so ließen Senat und Private verlautbaren – mit der Veröffentlichung die „Kernforderung“ des Volksbegehrens erfüllt sei.
Dass es dennoch zum Volksentscheid kommt, hat zum einen den formalen Grund, dass ein einmal gestartetes Verfahren nicht einfach abgeblasen werden kann, es sei denn, das Abgeordnetenhaus übernimmt den Gesetzentwurf des Volksbegehrens „in seinem wesentlichen Bestand unverändert“. Dies ist allerdings nicht geschehen, die Veröffentlichung der Verträge ändert daran erst einmal nichts. Zudem geht der Gesetzentwurf des Wassertischs über die bloße Veröffentlichung hinaus. So sieht er, im Gegensatz zum Informationsfreiheitsgesetz, Sanktionen vor, die greifen sollen, falls besagte Vertragswerke nicht vollständig offen gelegt werden. Hier soll dann eine „Nichtigkeitsklausel“ greifen, d. h. Vertragswerke, die nicht offen gelegt werden, sollen unwirksam werden. Der Senat und die ihn stützenden Parteien vertreten dahingegen die Rechtsauffassung, dass eine solche Klausel verfassungswidrig sei, weil Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der privaten „Partner“ offengelegt werden müssten und zudem eine nachträgliche Unwirksamkeit nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar sei.
Der Landesregierung scheint, wie in anderen Fällen auch, das Wohl der privaten Investoren zumindest so heilig zu sein, dass man es auf eine rechtliche Auseinandersetzung nach einem möglicherweise gewonnenen Volksentscheid keinesfalls ankommen lassen möchte. Schließlich stünde es den Privaten ja frei, gegen ein Gesetz, das ihnen nicht passt, vor Gericht zu ziehen. Der Volksentscheid ist also keinesfalls unnötig – auch wenn einige Lokalpolitiker das gerne so hätten. Besonders die mitregierende Partei DIE LINKE hat der ganze Vorgang bereits jetzt schon in eine peinliche Lage gebracht. Der Parteiführung, die ohnehin jede zivilgesellschaftliche Regung skeptisch beäugt, war es von Anfang an ein Dorn im Auge, dass eine Bürgerinitiative auf einmal mit dem Thema punktete, das der LINKEN angeblich so sehr am Herzen liegt. Und so verwundert es nicht weiter, dass sich diese Partei wieder einmal äußerst ungeschickt verhielt: Zunächst wurden die Initiatoren des Volksbegehrens überhaupt nicht ernst genommen. Als sich ein Erfolg in der ersten Stufe des Volksbegehrens abzeichnete, versuchte die Parteiführung der Basis vehement auszureden, sich daran zu beteiligen. Nun, da der Wassertisch das Volksbegehren zum Volksentscheid geführt hat, war sich die Partei nicht blöd genug, diesen Umstand als „gemeinsamen Erfolg“ zu feiern – auch wenn sie gleichzeitig einen Parteitagsbeschluss erließ, der die Fraktion im Abgeordnetenhaus dazu aufforderte, den Volksentscheid per Verhandlung zu verhindern. Dieses Verhalten wiederum ist nachvollziehbar, denn der Volksentscheid kann auch als Misstrauensvotum gegen die rot-rote Politik bei den Wasserbetrieben gesehen werden. Immerhin ließ die Landesregierung lange Jahre verstreichen, bis sie dieses Thema widerwillig und unter dem Druck des Volksbegehrens überhaupt erst auf die Agenda setzte.
Am 13. Februar können die Bürger von Berlin wählen: Wollen sie weiterhin hohlen Politiker-Versprechungen Glauben schenken oder wollen sie, wenigstens im Fall der Wasserbetriebe, mitentscheiden.
Weitere Informationen: www.berliner-wassertisch.net
Benedict Ugarte Chacón