CSD 2012: Jeder Kampf braucht Verbündete


Transgenialer CSD 2012

13 Uhr, Elsenstr./Am Treptower Park, vorm Park Center Treptow

Der Aufstand in der Christopher Street 1969 steht symbolisch für emanzipatorische LGBTQI Kämpfe weltweit. Widerstand ist unumgänglich, solang Sexismus, Rassismus, Patriarchat, Kapitalismus, Klassismus, Antisemitismus, Trans- und Homophobie zum Alltag gehören. Diese Unterdrückungsmechanismen hängen miteinander zusammen. Sie werden von allen ausgeübt und betreffen uns über kulturelle, religiöse und soziale Grenzen hinweg, in unterschiedlichem Ausmaß. Diskriminierungen verschiedenster Art gehen uns alle an und müssen gemeinsam bekämpft werden. Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen.

Der im Nationalsozialismus verschärfte § 175 stellte explizit männliche Homosexualität unter Strafe. Auch jede weitere Form „abweichender“ Sexualität wurde im Faschismus mit Repression verfolgt. Seither wurde viel erkämpft, doch gibt es weiterhin Kontinuitäten wie z. B. die medizinische Klassifizierung. Durch diese werden alle, die vom heterosexuellen Zweigschlechtersystem abweichen, zwangsweise eingeteilt und dabei oftmals pathologisiert. Transsexuellengesetze, die Transsexualität als Krankheit beschreiben, müssen dringend geändert werden. Für transidente Menschen kann das zweigeschlechtliche Weltbild der Mehrheitsgesellschaft tödlich wirken, beispielsweise in der Psychiatrie, im Knast, nach der Abschiebung oder auch einfach nur auf der Straße. Doch als Queers sind wir – egal wo auf dieser Welt – dazwischen und mittendrin, uneindeutig und vielfältig.

Der diesjährige tCSD steht im Zeichen queerfeministischer Solidarität entgegen der faschistischen Kontinuitäten und Entwicklungen. Solange das Patriarchat – als institutionalisierter Sexismus – Realität ist, hat sich Feminismus mit dem Begriff queer nicht erledigt. Wir wollen eine Welt ohne Einordnung in (Geschlechts-) Kategorien und ohne alltäglichen, gewaltsamen, frauenfeindlichen Sexismus. Queer-Feminismus heißt, sich gemeinsam gegen Trans*- und Homophobie zu stellen und jedweden Hass gegen Frauen, sexuelle Gewalt sowie unterschiedliche Lohnzahlungen zu bekämpfen.

Rassismus äußert sich auf vielen Ebenen, z. B. in der deutschen Abschiebepraktik, in der unaufgearbeiteten Kolonialgeschichte und in der menschenunwürdigen Unterbringung von Menschen in Lagern und Knästen. Auf dem neuen Flughafen BBI wird ein Abschiebeknast direkt mitgebaut. Abschiebehaft ist die konsequente Fortführung gesellschaftlichen Ausschlusses von Migranten und Flüchtlingen. Auch in der Sprache und in Zuschreibungen aufgrund von Herkunft und Hautfarbe kann sich Rassismus äußern, ob nun im Rahmen institutioneller Einrichtungen oder durch Einzelpersonen. Zugänge zu kulturellen, sozialen und ökonomischen Ressourcen der Gesellschaft werden aufgrund von Diskriminierungen verwehrt. Lasst uns institutionellen Rassismus aufdecken, den eigenen erkennen und gegenseitige Unterstützung geben!

Lasst uns solidarisch sein mit all den verschiedenen Kämpfen — jeder Kampf braucht Verbündete! Individuelle Selbstbestimmung ist kein Gegensatz zu gemeinschaftlicher Verantwortung und Aktivismus. Das kapitalistische System ist aufgebaut auf sozialer Ungleichheit. Die Kämpfe von Queers müssen auf mehr zielen als das Erringen derselben Rechte der dominierenden, heterosexuellen, weißen Mittelklasse! Lasst uns zusammenhalten, mit unseren unterschiedlichen Backgrounds und Lebensrealitäten, lasst uns Strategien entwickeln, wie wir uns solidarisch im Alltag, auf der Arbeit, bei Behördengängen usw. usf. gegenseitig unterstützen!

Für die Abschaffung der Zweigeschlechterordnung!
— gegen Heteronormativität.

Sofortige und ersatzlose Streichung der Kategorie „Geschlechtsidentitätsstörungen“ aus den gängigen
 Krankheitskatalogen DSM und ICD!
— gegen jede Trans*pathologisierung.

Anerkennung von Homosexualität und Transsexualität
 als Asylgrund!
— Bleiberecht für alle. Abschaffung der Residenzpflicht und erzwungener Heimunterbringung.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
— Patriarchat und Klassismus bekämpfen.

Transgenialer CSD 2012


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert