Eine Dokumentation mit Folgen
Insbesondere interessiert mich die Architektur an den Orten des ehemaligen Sozialismus. Zahlreiche Gebäude (-Komplexe) stehen – in urbanen Zentren wie in peripheren Lagen – funktionslos herum. Darin spiegeln sich für mich: Leere, Verlass, Verfall, Reste von Strukturen ohne wirkliche Inhalte, Liegengelassenes und Entwertetes.
Die Dokumentation in Form von Fotos ist für mich mehr aus einer Randlage entstanden. Schon lange, bevor ich anfing, den Stimmungen an diesen sehr verschiedenen, toten Orten nachzuspüren, war es eine Neigung, über menschenleere und von der Natur überwucherte Gelände mit Gebäudeanlagen zu gehen. An diesen Orten kann ich die Zeit sehen. Dies ermöglicht ein Eintauchen in den jeweiligen Zustand des Ortes. Die Atmosphären sind visionär und monströs. Sie bedeuten Entkopplung von dem uns einverleibten Hang zum Mittelmaß. Kurz: Dem Zwang der Normen entgegentreten.
Diese Räume sind frei und beunruhigend in ihrer Ungewöhnlichkeit. Im Grunde ist man nicht darauf vorbereitet, dass so etwas überhaupt existiert. Im Zeitalter der individuellen Profilierung lässt sich Andersartigkeit konsequent – also ausnahmslos – übergehen, zumindest übersehen.
Neben der Dokumentation der architektonischen Hinterlassenschaften der sozialistischen Moderne, habe ich angefangen, westliche Nachkriegsbauten zu fotografieren. Dabei fielen mir besonders Wohnungsbauten sowie Repräsentationsbauten der Sechziger und Siebziger Jahre durch ihre bedrückende und dunkle Gestalt auf. Die Gebäude erscheinen: Kalt, verschwiegen, monströs und beklemmend, geradezu etwas verdecken wollend – ihr Wesen, die Last – zumindest das bis dato Unausgesprochene.
Um die Trias nun zu vervollständigen, verweise ich auf die Fotografien des Monumentalklassizismus aus dem Nationalsozialismus. Sie scheinen – entsprechend ihrer Absicht – tatsächlich für die Ewigkeit zu sein. Gigantismus aus einer Zeit, die (nur) als Ausnahmezustand behandelt wird; somit auch eine Form von Entkopplung darstellend, die Entbundenheit vom Davor und Danach.
Und heute? Was bringt uns das Investorenzeitalter für optische Errungenschaften in Form neuer Gebäude? – Eine Langeweile aus Stahl und Glas, vermeintlich transparent, aber doch undurchdringbar. Die Türen bleiben stets verschlossen.
Abriss und Neubau mögen sich – im großstädtischen Raum – in unserer Zeit noch die Waage halten, wobei an so manchem Ort nach einem Abriss – für ein Investorenprojekt – nicht selten einfach nur eine Brache zurück bleibt, also eine Form des Nichts, kurz gesagt: Leere.
Die andere Person