„You are a good looking beautiful guy“, behauptete Herr Refugee, ein junger Mann aus Kirkuk, Nord-Irak, was der Geschmeichelte in jedem Fall ohne zu lügen erwidern hätte können und auch wollen, wäre da nicht der ernüchternde Rest gewesen: „Vagina is the best.“ Herr Princess, Willkommenskultur hin oder her, wollte und auch konnte dem nicht zustimmen und erklärte Herrn Refugee die Welt – welche diesem allerdings längst vertraut war. „Und wat is Ihre Aktie hier drin?“, fragte Herr Stulle, ein junger Streifenpolizist, und musterte den befragten Herrn Princess skeptisch. „Ich wurde um Vermittlung gebeten, auf Deutsch“. Herr Princess, Nachbar des kleinen, aber gar nicht feinen „Erst Best“ Hostels, in dem sich seit einigen Monaten eine Notunterkunft für bis zu sechzig Personen befand, in der es zwei Duschen und dreißigmal so viel Gestank, Stunk und Verzweiflung gab, hatte an der geöffneten Haube seines blaumetallischen, bayerischen Gefährten gestanden, um etwas spät, jetzt vor den abendländischen Feiertagen, Herbstlaub aus dem Motorraum zu fischen, als plötzlich Herr Refugee ihn unerwartet angesprochen und sein mobiles Multifunktionsfernsprechgerät ans Ohr gehalten hatte.
Schon im Normalbetrieb, soviel wusste Herr Princess, war die erst im vergangenen Jahr eröffnete „Erst Best“-Herberge eine wahre Zumutung: enge Schlafkabinen mit Stockbetten, niedrige Decken, Neonlicht, stickige Luft. Fünfzig Taler zahlte das Land Berlin täglich für diese Grube, pro Gruft bzw. Nase. Fünf Monate hatte Herr Refugee hier zugebracht. „Geht so“, befand das LaGeSo, also schaffte er das. Doch dann hatte er Glück: Seit vier Wochen bewohnte er das zweite Zimmer einer Privatwohnung im Milkakiez. Leider hatte das LaGeSo versäumt, die Unterbringungsvereinbarung zu verlängern und Herrn Refugee stattdessen dem „Erst Best“ zugewiesen. Als Herr Refugee hierauf aufmerksam machte, teilte man ihm mit, dass er sich im Hostel eine Ablehnung unterzeichnen lassen müsse, um erneut im LaGeSo vorstellig werden zu können, um eine erneute Unterbringung im Milkakiez zu erwirken. Leider aber lehnte Herr Gulágchef, der Betreiber des „Erst Best“, die Ablehnung ab. Die Gründe hierfür lagen auf der versilberten Hand.
Englisch, Arabisch, Türkisch und sogar Französisch sprach Herr Refugee fließend und wohl auch die Sprache des Herzens, als er erklärte: „I’m a friendly person“, und dass er auf Streit und Auseinandersetzung mit Herrn Gulágchef verzichten habe wollen, weshalb er bzw. Herr Princess bezeichnenderweise „112“, den Rettungsdienst, gerufen hatte, der dann an die Kollegen von der „110“ weiterleitete, während Herr Refugee weiter in der Kälte litt. „Orl is fein“, erklärte Stulle, um auch mal was zu erklären, und verlangte die Papiere. „Good luck“, wünschte Herr Princess, nachdem der Freund und Helfer ohne Hilfe oder Freundschaft, ohne Abschied wortlos fortgebraust war. Herr Refugee dankte sehr und reichte dem Vagina-unbeleckten Herrn Princess die Hand, machte sich dann auf zum LaGeSo, ja und wenn er nicht beim Warten umgefallen, verbannt oder im kalten Feuer der Bürokratie oder anderswo verbrannt worden ist, dann steht er sicher noch immer da. Welcome!