Schon des Längeren gibt es Pläne, eine neue Autobrücke über die Spree in Friedrichshain-Kreuzberg zu bauen. Zum Einen ist dies Teil des gerade stattfindenden Stadtumbau- und Aufwertungsprogramms „Stadtumbau West“, zum Anderen passt das sehr gut zu den neuen Bauvorhaben und der Kommerzialisierung des Spreeufers im Rahmen von „MediaSpree“, als Anfahrtsweg etwa für die gigantische „O2-Halle“, inklusive „Entertainment Center“, sowie zur Vernetzung der schönen, neuen, bunten, kommerziellen Medienwelt.
Ursprünglich hatten anscheinend alle wichtigen lokalen Parteien – SPD, Grüne, PDS – einer Autobrücke zugestimmt, entsprechend ist die Brücke im sog. „Bereichsentwicklungsplan“ (BEP) als Straßenbrücke ausgewiesen. Anfang des Jahres 2007 hatte der Bezirk für 50.000 € zwei Studien in Auftrag gegeben, die mögliche Brückenverbindungen vor Allem unter dem Blickwinkel „Verbesserungen für den motorisierten Individualverkehr“ prüfen sollten. Die Gutachten ergeben, dass es in Folge einer neuen Brücke zu einer massiven Belastung durch Durchgangsverkehr vor Allem im Kreuzberger Wrangelkiez kommen wird.
Auf einer öffentlichen Versammlung hunderter empörter Anwohner_innen im Mai erklären Bürgermeister Schulz (Grüne) und Volker Hertig (SPD), ihre Fraktionen würden einer neuen Autobrücke keinesfalls zustimmen. Dann kungeln die Grünen zunächst erfolgreich mit der PDS und erreichen einen gemeinsamen, schon leicht verwässerten Antrag, der nur die Prüfung von öffentlichem Nahverkehr über eine neue Brücke vorsieht. Dann ist jedoch die SPD komplett umgekippt, kungelte ihrerseits mit der PDS und beide setzen gemeinsam Anfang September 2007 in der BVV einen Beschluss durch, der eine neue Brücke für „Fußgänger, Fahrradfahrer und öffentlichen Nahverkehr“ vorsieht.
Allen Beteiligten ist klar, dass öffentlicher Nahverkehr an dieser Stelle überhaupt keinen Sinn macht. Das heißt: Es soll ein massives, für Autos geeignetes Bauwerk gebaut werden, das auch in absehbarer Zeit als Autobrücke genutzt werden wird.
Und was machen wir nun – wir als Anwohner_innen, die vielleicht keine Lust auf die neue „O2-Arena“ haben, aber gerne spazierengehen und keine Lust auf massiven Durchgangsverkehr haben? Autoverkehr ist eine der wichtigsten Ursachen für das globale ökologische Desaster und hat viele direkte, höchst hässliche Folgen auf die Gesundheit der Betroffenen. Ob Herzinfarkte infolge des Straßenlärms oder Lungenerkrankungen durch Abgase, ob globale Klimaerwärmung durch CO2 oder Waldsterben durch „sauren Regen“.
Die herrschende Politik hat keinerlei Interesse daran, ernsthaft gegen den Autowahn vorzugehen. Zu groß ist die Lobby der Autoindustrie und der damit verbundenen Profite. Wer hat eigentlich bestimmt, dass der allergrößte Teil der Flächen zwischen den Häusern, in den wir leben, für hässliche und stinkende Blechkarossen bestimmt ist? Wir wollen es lieber anders – wir wollen den allergrößten Teil für uns, zum Leben und Spielen, für Gärten und Sport! Wir wollen Blumenbeete statt Betonboden, Rasengrün statt rasenden Sportautos, und Apfelblütenduft statt Abgasdunst!
Der Senat hat angekündigt, sich in der Brückenfrage nach dem Bezirksvotum zu richten. Das „Bürgerbegehren Spreeufer für Alle“ kommt einem BVV-Beschluss gleich, wenn es erfolgreich ist. Somit bleibt die Entscheidung über Brommybrücke/-steg bis zum Abschluss des Bürgerentscheids vakant. Wir erwarten dass sich der Senat an sein Versprechen hält!
Anna Blume