Berliner Senat lehnt Volksbegehren ab


Volksbegehren „Unser Wasser“ schlecht gemacht? 36.062 gültige Unterschriften für die Katz?

Pressemitteilung des Senats:

Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ abgelehnt

Aus der Sitzung des Senats am 4. März 2008:

Der Senat hält den Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens „Schluss mit Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ aus verfassungsrechtlichen Gründen für unzulässig und lässt dieses Volksbegehren deshalb nicht zu.

Die Trägerin des Volksbegehrens strebt mit dem Zulassungsantrag die Verabschiedung eines Gesetzes zur Publizitätspflicht im Bereich der Berliner Wasserwirtschaft an, mit dem eine vorbehaltlose Offenlegung sämtlicher Verträge zwischen dem Land Berlin und privatrechtlichen wie öffentlich-rechtlichen Unternehmen erreicht werden soll, sofern es um den Kernbereich der Berliner Wasserwirtschaft oder um die Preis- und Tarifkalkulation geht.

Die formalen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens sind zwar erfüllt. Nach Zählung durch die Bezirksämter wurden von der Trägerin des Volksbegehrens 36.062 gültige Unterstützungsunterschriften für das Volksbegehren abgegeben. Damit ist der Nachweis erbracht, dass das Volksbegehren die nach der Verfassung von Berlin für die Zulassung des Volksbegehrens erforderliche Unterstützung von mindestens 20.000 Wahlberechtigten erhalten hat.

Der vorgelegte Gesetzentwurf ist aber verfassungswidrig, weil er auch bereits abgeschlossene Verträge uneingeschränkt mit in die Veröffentlichungspflicht einbezieht und eine Unwirksamkeit vorsieht, wenn diese Offenlegung nicht innerhalb von drei Monaten erfolgt. Zum einen werden hier Geheimhaltungsinteressen betroffener Privater außer Acht gelassen (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse). Zum anderen läge in der Unwirksamkeit von Verträgen ein Verstoß gegen Vertrauensschutz und die Eigentumsgarantie.

Eine Pflicht zur Offenbarung der im Teilprivatisierungsvertrag enthaltenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse würde die Rechte der privaten Investoren aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (Recht auf informationelle Selbstbestimmung), aus Art. 12 Abs. 1 GG (Schutz der Berufsfreiheit und -ausübung) sowie Art. 14 Abs. 1 GG (Recht auf Eigentum, hier bezogen auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) tangieren bzw. aus den entsprechenden Bestimmungen der Verfassung von Berlin, die nach Art. 142 GG im Rahmen der Übereinstimmung mit den Artikeln 1 bis 18 GG gelten. Dies bezieht sich auf Art. 33 VvB (Datenschutz), Art. 17 (u. a. Berufsausübung) und Art. 23 Abs. 1 (Eigentumsgarantie). Insofern ist eine Rechtsgüterabwägung vorzunehmen, d. h. das gesetzgeberische Ziel (einer Offenlegung des Vertrages) und die Wirkung des zu seiner Verwirklichung eingesetzten Mittels sowie die Intensität des Eingriffs in die grundrechtlich geschützten Rechtsgüter sind im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung gegeneinander abzuwägen. Je intensiver in ein Grundrecht eingegriffen wird, umso gewichtiger muss das Ziel bzw. Rechtsgut sein, welches damit gefördert werden soll. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe erscheint die Grenze der Zumutbarkeit für die Betroffenen im vorliegenden Fall schon deshalb nicht gewahrt, weil es nach dem Inhalt des Antrags überhaupt keine erkennbare Abwägung gegeben hat bzw. diese vom Gesetzentwurf nicht zugelassen wird. Es muss die Möglichkeit einer Abweichung von der Veröffentlichungspflicht zum Schutz privater Interessen bzw. von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen geben.

Der Gesetzentwurf ist daher nach Auffassung des Senats nicht mit höherrangigem Recht vereinbar.


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