Stürme im Wasserglas


Die großspurige Ankündigung der Senatsparteien, man werde sich für die Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe einsetzen, war erwartungsgemäß heiße Luft. Doch was treiben die außerparlamentarischen Kritiker der Teilprivatisierung?

Zwei Jahre nach der letzten Wahl zum Abgeordnetenhaus, nach denen sich die rot-rote Koalition erneut installierte, könnte man ja mal die Frage stellen, wie es um die Erfüllung der in der Koalitionsvereinbarung von 2006 formulierten Absicht zum Umgang mit den Berliner Wasserbetrieben (BWB) steht. In der Vereinbarung ist zu lesen, die Koalition „setzt sich für die Rekommunalisierung der BWB ein“. Die gestellte Frage erübrigt sich mit der lapidaren Feststellung: Nichts ist geschehen!

Nicht, dass die Themen „Wasser“ und „Wasserversorgung“ in den letzten zwei Jahren keine Rolle in Berlin gespielt hätten – sie spielten eine größere Rolle als in den vergangenen 15-20 Jahren. Denn die Probleme infolge der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe, die 1999 vollzogen wurde – vor allem die stark gestiegenen Wasserpreise – wurden durch Auseinandersetzungen um die Tarifkalkulation und durch Öffentlichkeitsarbeit sowie die Initiative für ein Volksbegehren „Schluss mit den Geheimverträgen – Wir Berliner wollen unser Wasser zurück“ publik gemacht und zunehmend öffentlich diskutiert. Die nun entstandene Ruhe um das Thema resultiert nicht zuletzt aus der Ablehnung des Volksbegehren-Antrags durch den Berliner Senat Anfang März diesen Jahres.

Dass sich die Führung der Partei DIE LINKE damals vehement gegen das Volksbegehren aussprach und ihren Bezirksbüros verbot, Unterschriftsbögen auszulegen, sowie die vom Senat vollstreckte Interessenwahrung der privaten Konzerne RWE und Veolia, denen die Wasserbetriebe zur Hälfte gehören – durch die förmliche Ablehnung des Volksbegehren-Antrags – zeigen, dass bislang oben zitierte Passage der Koalitionsvereinbarung oder auch Äußerungen des Wirtschaftssenators Wolf (DIE LINKE), sich für eine Veröffentlichung der Geheimverträge einzusetzen, nichts als wohlfeiles Gerede bzw. geduldiges Papier sind. Auch das klägliche Scheitern einer fraktionsübergreifenden Gesetzgebungsinitiative aus dem Abgeordnetenhaus zur Unterstützung der Anliegen des Volksbegehrens ist ein Ausdruck dessen.

Nun ist es für die Bürgerinitiative „Berliner Wassertisch“ und sämtliche Akteure mit gleichem Anliegen an der Zeit, den Druck auf die Berliner Politik und die privaten Konzerne erneut zu erhöhen.

Nachdem zunächst Mitte April die Bürgerinitiative vor dem Berliner Verfassungsgericht Klage auf Zulassung des Volksbegehrens eingereicht hatte, folgte hierauf im Juni die Stellungnahme des Senats, wonach beantragt wird, die Klage zurückzuweisen. Nun liegt der Antrag für des Volksbegehren auf der als durchaus lang geltenden juristischen Bank. Ob das Begehren evtl. doch noch starten kann, wird vielleicht in einem halben Jahr, vielleicht erst auch in zwei Jahren verhandelt und entschieden. Diese Zeit muss vor allem zur Aufklärungsarbeit am Bürger wie auch zum Einmischen in die politische Debatte genutzt werden. Einen Anfang sollen dezentrale Informations- und Diskussionsveranstaltungen Ende des Jahres machen, bei denen Themen wie Wassertarife, die baldige Verordnung für das Grundwassermanagement in Berlin (Stichwort: nasse Keller), das Wasserversorgungskonzepts für Berlin bis zum Jahre 2040 und Folgen der Teilprivatisierung erörtert werden können.

Vor allem muss aber den politisch Verantwortlichen aufgezeigt werden, dass der Handlungsdevise des Senats „Wir würden ja evtl. schon, aber wir haben keine Möglichkeiten“ Alternativen entgegenstehen.

Zunächst die Feststellung, dass allein die Aufgabe dieser resignativen Einstellung seitens des Senats hin zu einer politisch offensiven und konfrontativen Haltung gegenüber den privaten Anteilseignern ein erster wichtiger Schritt wäre. Wo bleiben denn die wahlkämpferisch von SPD und DIE LINKE angekündigten Anstrengungen, sich für die Rekommunalisierung einzusetzen? Fragt man Regierungspolitiker nach Alternativen, bekommt man durch die Bank die gleiche weichgespülte Antwort: „Verträge geheim, Rekommunalisierung zu teuer“.

Wenn die Regierungsparteien sich weigern, ernsthaft über alternative Konzepte nachzudenken, so sind diese eben außerparlamentarisch einzubringen.

Neuen wissenschaftlichen Schwung hat David Hachfeld vom „Berliner Wassertisch“ mit seinem Diskussionspapier „Die Berliner Wasserbetriebe rekommunalisieren – aber wie?“ (Mai 2008) eingebracht. Weitere Beiträge werden hoffentlich in Kürze die Diskussion hierüber stärker anregen. Hachfeld kommt in seinem Papier zu einem hervorzuhebenden Fazit: Zum einen „existieren konkrete Möglichkeiten, trotz der bestehenden Verträge auf eine Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe hinzuwirken.“ Eine Reihe erster Schritte werden im Papier vorgestellt. Es wird dabei aber vom Autor betont, dass es keinen goldenen Weg zur Rückabwicklung der Teilprivatisierung gibt, sondern vielmehr „die Bereitschaft der politisch Verantwortlichen“ zu einer „konfrontativeren Haltung“ „Voraussetzung für alle Schritte“ zur Ingangsetzung eines Prozesses im Sinne einer Verschiebung des Kräfteverhältnisses in der Berliner Wasserwirtschaft zu Gunsten der Wasser-Nutzer und des Landes ist.

Dass solch eine Bereitschaft zu einer konfrontativen Haltung sinnvoll sein kann, zeigt zum Beispiel die bislang kaum beachtete Rekommunaliserung der Wasserbetriebe in Potsdam im Jahr 2000. Das private Konsortium Eurawasser visierte damals enorme Steigerungen der Wassergebühren an. Vertreter der Landesregierung brachten aber Willen und Anstrengungen auf, ein ähnlich wie in Berlin vorhandenes Konstrukt aus Geheimverträgen genau zu prüfen und so eine Rückabwicklung der erst 1998 erfolgten Teilprivatisierung der Wasserbetriebe Potsdam (WBP) nach kurzer Zeit herbeizuführen.

Dass jedoch solch ein Rückgewinn über die volle Verfügungsgewalt über ein Wasserunternehmen in öffentliche Hand per se noch keine Demokratisierung der Wasserwirtschaft bedeutet, zeigt das Beispiel Potsdam aber auch. Der Prozess der kommerziellen Bewirtschaftung der Wasserversorgung scheint durch die Eingliederung der Wasserwirtschaft in die Stadtwerke Potsdam GmbH und die erneute Beteiligung von Privatunternehmen ungebrochen. Die Wassergebühren steigen weiter – wenn auch nicht so stark, wie einst von den Privaten gefordert – und haben neuerlich einen Spitzenwert in Deutschland erreicht. War zudem bereits der Prozess der Rückabwicklung der Teilprivatisierung weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlaufen, ist demokratische Kontrolle weiterhin Mangelware.

Es lässt sich somit für Berlin ableiten, dass mit einem „Rückgewinn“ der in privatem Besitz befindlichen Anteile an den BWB noch keine Demokratisierung des Unternehmens erreicht wäre. Ein wesentliches Ziel von Befürwortern nachhaltiger Wasserbewirtschaftung muss die Auflösung der Berlinwasser Holding AG sein, welche weiterhin Bestand hätte und in welche die BWB eingeflochten sind. Statt einer gewinnorientierten Aktiengesellschaft muss ein anderes Modell zur nachhaltigen, umwelt- und verbraucherorientierten Bewirtschaftung im Sinne einer öffentlichen Dienstleistung entwickelt werden. Ansätze dazu sind vorhanden.

Wasser (zurück) in Bürgerhand!

Mathias Behnis

Informationen zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe sowie zum Stand des Volksbegehrens:

www.berliner-wassertisch.net


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