Kapitalismus, du bist Zucker


Erläuterung:

Kapitalismus erscheint in seinen unmittelbaren und direkten Symptomen zuckersüß. Der Warenberg und der Konsum machen den Menschen träge und stumpf. Der Konsum hält vom Erkennen der wirklich kaltblütigen Maschinerie – der unmenschlich prozesshaften Eigendynamik des Kapitalismus – ab. Kapitalismus – genauer sein Katalysator, nämlich der Konsum – lässt den Menschen in sinnentleerten Kreisen verweilen, ohne dass dieser systemextern oder zumindest kritisch über diesen Missstand reflektieren könnte. Kapitalismus, du bist omnipotent.

Konsum in seiner Vielfalt führt nicht nur dazu, dass die Warenhäuser aus allen Nähten platzen, nein, er führt zur unweigerlichen Vereinheitlichung unserer Wesenhaftigkeit. Es ist richtig, dass wir uns durch die Art des Konsumierens voneinander unterscheiden, kurz: In der Gestalt dessen was und wie wir etwas tun. Und sonst? Unterscheiden wir uns sonst (noch) in irgendeiner Weise voneinander? Neu und schön erscheint uns diese vordergründige Heterogenität von (westlicher) Welt. Frei und ungebunden ziehen wir durch Europa, elektronische Überwachung stört uns dabei nicht, denn was man nicht sehen kann, scheint es auch nicht zu geben bzw. betreffe einen schon nicht selbst. Von gemeinsamem Handeln – gegen diese latente Art der Kontrollen – ganz zu schweigen. Richtig, man schweigt einfach.

Schon so manche Geschichtsphase unserer Vergangenheit wurde derart geschwärzt, dass ein dunkles Bild entstand, so dunkel fast, dass man es nicht mehr sehen konnte. Es mag nicht evident erscheinen, dass wir uns heute in einer dunklen Harmonie bewegen – einer Ideologie, die uns in Kritik und Vielfalt beschneidet.

Der neoliberale Fahrtwind in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bringt den Menschen auf perfide Weise zu sich selbst. Parolen werden hochgehalten, die uns einverleiben, dass jeder für sich selbst die Basis zu sein hat, Verantwortungsbewusstsein, Interesse und Initiative aus sich selbst zu rekrutieren hat. Was jedoch vergessen wird, ist dass die im letzten Jahrhundert und vor Allem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstandene Massenindividualisierung einen anderen Menschen hervorgebracht hat, der nur in und durch soziale Sicherung entstehen konnte und daher dieser – durchaus in modifizierter Form – weiterhin bedarf. Aber ich denke, wir können getrost sagen, dass die graue und langweilige Männlichkeit, auf deren Konto die neoliberalen Auswüchse gehen, diese Tatsache zur Kenntnis genommen hat. Jedoch fungiert das Soziale im einfachen Kosten-Nutzen-Kalkül eher als eine Restgröße in peripherer Lage.

Im Zeitalter der individuellen Profilierungsschau ist sich Jeder selbst der Nächste. Jeder kämpft für sich – na dann viel Spaß. Vielleicht sieht man sich ja im Supermarkt um die Ecke.

Die andere Person


3 Antworten zu “Kapitalismus, du bist Zucker”

  1. margaret thatcher, angela merkel, friede springer, trude bertelsmann alias liz mohn, alice s. und wie sie noch alle heißen mögen sind sehr wohl männlich und auch langweilig. oskar l. hingegen ist weiblich. will heißen der kapitalismus ist partiarchal und männlich. die agierenden auch, weil sie ihre jeweilige individualität zugunsten von machtverhältnissen und strukturen aufgegeben haben. eine demokratische gesellschaft lebt natürlich von vielfalt und transgender, von diskurs und nicht von dominanz. insofern greifen die klassischen kategorien von männlich und weiblich noch, die aber alsbald keine rolle mehr spielen sollten: wenn nämlich jede/r so ist, wie er/sie ist.

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