Abgesang: Callcenter-Arbeit


Der Durchschnittslohn in Berliner Callcentern liegt bei 7 Euro. Das neue Quelle Callcenter liegt somit darunter. Im Vergleich zu dem alten Quelle Callcenter haben sich die Arbeitsbedingungen insgesamt erheblich verschlechtert. Etwa ein Fünftel der alten Belegschaft hat die neuen Verträge nicht angenommen. Der Callcenter-Bereich verspricht eine hohe Rendite auf dem Rücken von Billiglohn-Beschäftigten. Oft wurden die Löhne in den letzten Jahren massiv gedrückt. Grundsätzlich sind die Arbeitsbedingungen prekär, die Löhne niedrig, das Arbeitsrecht wird unterlaufen und immer herrscht eine innerbetriebliche Kontrolle, die einen erschaudern läßt.

Das Problem ist, dass hauseigene Callcenter der Konzerne auch zunehmend für andere Firmen arbeiten, daher ist der Umfang von Boykott-Möglichkeiten gegen die Produkte aller beteiligten Firmen nicht einfach zu ermitteln. Über zehntausend Menschen arbeiten in Berlin in Callcenter-Jobs. Seit Juli 2007 heißt Quelle Arcandor. Arcandor gehören heute: Karstadt mit KaDeWe, Wertheim, Alsterhaus, Karstadt Sport, Restaurants LeBuffet; Primondo Versandhandel für Quelle, Walz, Hess Natur, Happy Size, Bogner Homeshopping, Vertbaudet, Teleshopping, HSE 24 und der Online-Versand neckermann.de; in der Touristik Thomas Cook, Neckermann Reisen, Bucher Reisen. Sie ist mit 52% an Lufthansa beteiligt. Arcandor schreibt sich Nachhaltigkeit und soziales Engagement auf die Homepage. Um in der Öffentlichkeit nicht mit den katastrophalen Arbeitsbedingungen in Verbindung gebracht zu werden, gab Arcandor Produktion, Einkauf, Qualitätskontrollen und Import komplett nach China, an das weltweit größte Beschaffungsunternehmen Li & Fung, Hongkong. Li & Fung spürt für sie in aller Welt die billigsten Produzenten auf. Eine Einkaufspreisreduktion um 10 % und ein Importvolumen von über 2 Milliarden Euro pro Jahr werden angestrebt. Der Konzern schreibt nach einem Verlust von 316 Mio. EUR im Jahr 2005, im Jahr 2006 einen Gewinn von 346 Mio. EUR.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß Quelle für das neue Callcenter und die Schaffung noch billigerer Arbeitsplätze finanzielle Investitionshilfen des Senats erhalten hat. Wie „Berlin Partner“, die in Berlin die Unternehmen über Förderungen beraten, mitteilte, wurde von Quelle in dieser Angelegenheit Stillschweigen vertraglich gewünscht. Aus dem Hause Quelle gab es dazu ebenfalls kein Statement. Diese Investitionshilfen sind Steuermittel aus Land und Bund. Der Steuerzahler subventioniert hiermit diese Form der Ausbeutung zugunsten der Gewinnsteigerung des Konzerns. Die öffentlichen Fördermittel müssen nicht offengelegt werden, sondern sind geheim. Eine seltsame Art, Steuergelder zu verwalten. Auch gibt es bei dem Vergabekatalog keine sozialen oder auch ökologischen Kriterien und da es hierzulande auch keinen Mindestlohn gibt, stehen dem Mißbrauch die Türen offen. Das einzige Kriterium ist das Schaffen von Dauerarbeitsplätzen auf mindestens 5 Jahre, egal zu welchem Preis. Die Kontrolle muß auch hier sehr lax sein, denn sonst würde aus den Verträgen sehr schnell klar, daß die Arbeitsplätze vielleicht 5 Jahre bestehen, aber die Beschäftigten sind nur Durchlaufmaterial.

Malah Helman


2 Antworten zu “Abgesang: Callcenter-Arbeit”

  1. …“das Arbeitsrecht wird unterlaufen“. Die unterlaufen das Arbeitsrecht nicht, sondern sie machen sich das deregulierte Arbeitsrecht zu nutze.

  2. Auch wenn man sich auf das Berliner Informationsfreiheitsgesetz bezieht, ist von der Verwaltung meist keine Auskunft zu bekommen und man wird mit fadenscheinigen Ausreden abgefertigt. Scheinbar besteht für die SteuerzahlerInnen kein Interesse zu erfahren, wie mit ihren Geldern umgegangen wird. Wir bedanken uns bei der SPD und der LINKEN, daß sie jedem das Seine zugesteht: den Konzernen die Subvention, den ArbeitnehmerInnen den Billiglohn.

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