Die Verschönerung des Debakels


Die neue konservativ-elitäre Kunstzeitschrift Monopol hat einen kleinen Architektur-Wettbewerb ausgerichtet, der auf eine Zwischennutzung des Palast-der-Republik-Areals für eine Kunsthalle abzielt. Die Ergebnisse ließ man in der Eliteschule verkünden.

Zwar vermied man es, kritisch zukunftsgewandte Geister aus dem Umfeld des Bündnis für den Palast einzuladen, dennoch sitzen auch sie heute hier und vernehmen die lächerliche Direktive des Moderators, die vermeintlich „alten Diskussionen“ über den Schlossplatz ad acta zu legen.

Im überfüllten Saal der Hertie School auf Governance im Staatsratsgebäude am Schlossplatz kommen dennoch auch langjährige Kritiker zu Wort: Der Visionär Andreas Amman, der mit seinem Konzept für eine nachhaltige, kreative Entwicklung am Beispiel des Palastgebäudes die vorgestellten Architekturentwürfe in den Schatten stellt, wo sie vermutlich auch hingehören; die Stadtsoziologin Karin Baumert, auch als „die Stadtbaugräfin“ bekannt, nimmt eine kritische Haltung zum aktuellen Prozess ein. Die im Saal verteilte Stellungnahme von ABRISSBERLIN wird von der taz zitiert.

Die TU-Professorin und langjährige Verfechterin des Palastes, Gabi Dolff-Bonekämper, die bereits vor dem Bundestag sprach, hebt die besondere Bedeutung des leeren Kreises hervor, der nach der Abmontage der DDR-Staatssymbole Hammer, Sichel und Zirkel viele Menschen tief berührt hat und seinerseits zu einem überzeugend undefinierten, aber ausdrucksstarken und zukunftsweisenden Symbol geworden ist.

Zu den tatsächlich eingeladenen Gästen gehört Wilhelm von Boddien („Er ist das Schloss“), der als Vorsitzender des „Förderverein Berliner Schloss“ für die Neuerrichtung alter Fassaden eintritt und bereits Millionen an Spendengeldern eingeworben hat, die offenbar jedoch nahezu restlos versickert sind. Umso unverständlicher ist da seine Klage, dass für das Schloss zu wenig geworben werde.

taz, 16.8.2006, S. 24, Uwe Rada: „Berlins Köpfe rufen nach Kunsthalle“

Neu ist die Forderung nach einer Kunsthalle allerdings nicht. Bereits in den letzten Wochen der Zwischennutzung der Palastruine hatten sich die Berliner und überregionalen Feuilletons überrascht gezeigt. Im „White Cube“, einem weißen Raum im ersten Stock der Ruine, sei während der Ausstellung „362710“ im vergangenen Dezember eine Sensation zu vermelden gewesen, schrieb etwa Niklas Maak in der FAZ: „Berlin hat eine neue Kunsthalle – und noch vor einem Monat wußte keiner etwas davon: die Künstler nicht, die Organisatoren nicht, die Stadt nicht. (…) Will man, nur um dem Sozialismus noch nachträglich eins auszuwischen, eine weitere öde, leere Fläche im Herzen der Stadt statt eines Ortes, an dem solche Ausstellungswunder stattfinden?“

Nein, meint nun auch die Kulturprominenz von Christina Weiss bis Peter Raue, von Klaus Staeck bis David Chipperfield. Und nein meint auch der wichtigste Anrainer des Platzes, Michael Zürn von der Hertie School of Governance. „Es kann nicht sein, dass über einen der wichtigsten Plätze der Republik und seine bewegte Geschichte einfach Gras wächst“, ist Zürn überzeugt. Deutlicher könnte das Votum gegen die Pläne von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) nicht ausfallen. Sie will den Schlossplatz nach dem Abriss der Palastruine bis zum Bau des Humboldt-Forums begrünen. Derzeit läuft dazu ein Wettbewerb. (…)

Architekturmodelle (…) Allen Arbeiten gemein ist – wie auch den Entwürfen, die beim taz-Wettbewerb zum Schlossplatz prämiert wurden -, dass sie nicht mehr dem Palast der Republik hinterhertrauern, sondern einen eigenen Akzent für die nächsten Jahre setzen wollen. Zu diesem Akzent gehört aber auch die Kritik, ohne die der Ort nicht zu dem geworden wäre, was er ist.

In den Entwürfen von Monopol, so meinen die Abrissgegner des Palastes, „manifestiert sich, was die letzten 15 Jahre diesen Ort bestimmte: Ignoranz“. Nun also gehe die Diskussion in die nächste Runde, heißt es sarkastisch in einer Stellungnahme, die am Montagabend in der Hertie-School bei der Präsentation der Architekturmodelle für die Kunsthalle verteilt wurde. Neuer Titel:
Die Verschönerung des Debakels. Moderne Kunst als Instrument.

Andreas Ammann Die Stadtbaugräfin Leeres Staatswappen und Zweifel Gabi Dolff-Bonekämper


Eine Antwort zu “Die Verschönerung des Debakels”

  1. Danke für den Artikel! Es war wirklich ganz erschreckend, welche Einfälle die Architekturbüros für diesen Platz hatten. Man hätte den palast stehen lassen sollen und umbauen. Das hätte in die Zukunft gewiesen! Jetzt wird das Areal eine Spielwiese für Nationalisten. Genau das ist zu befürchten!

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