Werden mit Inbrunst torpediert


Junge Welt von heute: Ostprinzessin im Interview

Hier das vollständige Originalinterview.

Am Sonntag findet der von der Initiative „Mediaspree versenken“ erzwungene Bürgerentscheid statt. Die Planungen für das Gebiet existieren aber seit mindestens zehn Jahren. Kommt der Widerstand nicht viel zu spät?

Er wird vor allem spät gehört. Der Entscheid ist ein Baustein im Widerstand gegen diese Potsdamer-Plätze-Stadt. Seit zwei Jahren sieht man, was anrollt. O2 World und Leuchtreklamen fördern Empörung und Wut. Die Leute schlagen radikalere Lösungen vor als wir sie bislang fordern. Die etablierte Politik will sowas nicht wahrhaben. Unsere Kampagne begann im Umfeld des Transgenialen CSD. Thematisiert wurden Privatisierung, Mietsteigerung, sinnleere Kommerzkultur und Vertreibung der Alternativkulturen.

Wie haben sich die politischen Parteien in Friedrichshain/Kreuzberg zur „Mediaspree versenken“-Kampagne verhalten?

Unabhängige Initiativen werden mit Inbrunst torpediert. Die Dialektik der LINKEN ist angesichts massiver sozialer Verwerfungen und Privatisierungen erneut preisverdächtig. Problembewusstsein und Informationsstand sind denkbar gering. Es habe „genug Bürgerbeteiligung“ gegeben. Nie wird die große Ablehnung erwähnt. Die SPD taktiert und empfiehlt, das zuzubilligen, was kein Geld kostet. Bis in die letzte Minute hinein wurde aber der Arm gehoben, um Pläne durchzuboxen. Die GRÜNEN bekennen Farbe: Stadtklima, Gesundheit und Ökologie sind egal, für Autolawinen gibt es neue Schneisen, die Verdrängung der Bevölkerung wird gar begrüßt. Es soll „ein neuer Stadtteil für neue Leute“ entstehen.

Sie müssen sich aber auch auseinandersetzen mit politischen Heckenschützen aus den eigenen Reihen. Prominente Landespolitikerinnen wie die grüne Heidi Kosche, selbst Mitglied bei der privatisierungskritischen Initiative Berliner Wassertisch, die sich bereits beim Verkauf der Landesbank samt Sparkasse weggeduckt hat, macht dieser Tage sogar aktiv Wahlkampf gegen Ihre Bürgerinitiative.

Auch im Berliner Bündnis gegen Privatisierung gab es schlechte Erfahrungen. Es war die Frage zu klären, ob sie Privatisierung nur beim Wasser-Thema ablehnt. Ihre Antwort bestand darin, dass sie nie aufgetaucht ist. Heidi Kosche gibt Rückendeckung für Senat und Bezirk. Während Ströbele sich schadlos zu halten versucht, hat sie Position gegen das Begehren der über 16.000 bezogen. Das Bezirksangebot ist eine Farce, ein Akt der Volksverdummung. Was nichts kostet, könnte man längst umsetzen, tut aber Gegenteiliges.

Franz Schulz, grüner Bezirksbürgermeister, begründet seine ablehnende Haltung mit drohenden Schadenersatzklagen. Seriös gerechnet oder künstliche Drohkulisse?

Die Kunst unseriösen Rechnens wird dort hervorragend beherrscht. Bei der Errechnung möglicher Entschädigungssummen hat man so getan, als müsse man alles, inklusive des Bestandes, entschädigen. Das ist absurd. Mit einem starken Votum gegen Mediaspree können Verhandlungslösungen erzielt werden. Es geht vornehmlich um 11 Grundstücke, ein Großteil in Landeshand, aber Wirtschaftssenator Harald Wolf und Senat mauern.

Wie geht es weiter nach dem Bürgerentscheid?

Energisch für Umsetzung und Vielfalt der Kampagne kämpfen! Veranstaltungen zu Aufwertungsstrategien und Wachstumsparadigma, lustige Aktionen und Demonstrationen gibt es weiterhin. Die O2-World-Eröffnung im September wird kreativ begleitet. Der Unmut verschärft sich drastisch, wenn wie geplant privatisiert und zugebaut wird. Und wenn ein LINKER Politiker uns sagt „Ja ja, Bürgerbegehren ist ja schön, aber bestimmen tun eh wir“, dann wird Widerstand zur Pflicht.

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