Regionaler Dissens


Der Böse Wolf erklärt Berlin

Der Verein „Regionalmanagement mediaspree“ residiert im modernen Energieforum am Stralauer Platz in Berlin-Friedrichshain. Nach eigenen Angaben unterstützt er die „langfristige und nachhaltige Entwicklung des Spreeraumes (…) zu einem leistungsfähigen und attraktiven Wirtschafts- und Kulturstandort mit Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Marketingmaßnahmen, Veranstaltungen und Netzwerkarbeit.“ Dieser Spreeraum erstreckt sich über fast vier Kilometer durch drei Stadtbezirke beidseitig der Spree und hat eine Fläche von ca. 180 Hektar.

Laut Satzung verfolgt der Verein „unmittelbar gemeinnützige Zwecke“, was jedoch nicht heißt, dass er tatsächlich gemeinnützig ist. Als gemeinnütziger Verein dürfte er Spendenbescheinigungen ausstellen und dies ist ihm, laut Auskunft von Geschäftsführer Christian Meyer, nicht erlaubt.

In Wirklichkeit handelt es sich um einen höchst exklusiven Zusammenschluss. Mitglied darf nur werden, wer „Eigentümer, Mieter oder Pächter eines Grundstücks oder einer Immobilie“ im Mediaspree-Raum ist. Und so finden sich unter den 21 Mitgliedern auch nur Spreeraum-Investoren wie die Anschutz Entertainment Group mit ihrer O2 World, die GASAG, die Deutsche Post AG, Bau- und Immobilienfirmen, aber auch die landeseigenen Betriebe BSR und BEHALA.

Im Vereinsbeirat sitzt neben Vertretern der Senatsverwaltung für Wirtschaft, der IHK und der Arbeitsagentur auch der Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg Franz Schulz (Grüne).

Doch nicht nur Öffentlichkeitsarbeit sieht der Verein als seine Aufgabe. Auch „Standortsicherung“, Ansiedlung von Unternehmen und sonstige Nutzergewinnung gehören dazu. Meyer nennt dies „Vermarktungsaufgabe“.

„Regionalmanagement mediaspree“ ist also ein Zusammenschluss von Investoren, die als Vermarkter und Lobbyisten in eigener Sache auftreten und dabei mit öffentlichen Institutionen zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit läuft so, dass die Aufgaben des Regionalmanagements vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg per Fördervertrag an den Verein übergeben wurden und dieser 80 Prozent seines Budgets – pro Jahr sind das zwischen 200.000 und 250.000 Euro – aus öffentlichen Mitteln erhält. Die restlichen 20 Prozent zahlen die Investoren als Mitgliedsbeiträge. Die öffentlichen Gelder stammen aus dem Topf „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA-Mittel) die von der Wirtschaftssenatsverwaltung vergeben werden. Antragsteller und Mittelempfänger ist zunächst das Bezirksamt, welches die Gelder an den Verein weiterreicht.

„Regionalmanagement“ ist kein geschützter Begriff. Jeder, der sich für einen Regionalmanager hält, darf sich so betiteln. Bei einem Regionalmanagement handelt es sich laut Literatur um eine Dienstleistung zur regionalen Entwicklung, die ideengebend, moderierend und integrierend wirken soll. Dabei sollen regionale Akteure, von der Wirtschaft bis zur Bevölkerung, eingebunden und so ein regionaler Konsens gefördert werden.

Standortwerbung und Vermarktung spielen dabei nicht die Hauptrolle. Die Politik ist bei so einem Projekt normalerweise die zentrale Steuerungsinstanz. Bei „Regionalmanagement mediaspree“ spielt die Politik insoweit eine Rolle, dass Politiker im Beirat des Vereins sitzen und das Bezirksamt Gelder durchreicht. Wirtschaftsstadtrat Peter Beckers (SPD) sieht in der Ausgestaltung der Vereinssatzung gewährleistet, dass dieInteressen von Grundstückseigentümern, Investoren und Mietern „ausreichend Beachtung“ finden. Von Anwohnern spricht er nicht.

Angesichts von 16.000 Unterschriften gegen die Mediaspree-Pläne im Vorfeld des Bürgerentscheids und der Tatsache, dass der Verein seine Veranstaltungen regelmäßig unter Polizeischutz abhält, ist es höchst zweifelhaft, ob hier noch ein regionaler Konsens geschaffen werden kann.

Benedict Ugarte Chacón


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