Planwerk return?


Vor 10 Jahren verabschiedete der Senat das sogenannte Planwerk. Das war ein Plan, der Investoren zeigte, wo man bauen kann. Die bauten trotzdem, wo sie wollten.

Das Planwerk wurde heiß und innig diskutiert, musste doch in Berlin auch im Wettstreit des Städtebaus geklärt werden, wer nun der Gewinner nach dem Mauerfall sei. Und so stritten die historische Stadt gegen die Ostmoderne. Sie stritten nicht nur um die klare Linie oder den spontanen Straßenverlauf in menschlicher Dimension, nein sie stritten auch um die Frage, ob man in der Stadtmitte auch in Zukunft noch wohnen darf. Und nicht nur ob, sondern auch WER? „Der Gipfel des Kalten Krieges“ damals war die Überschrift eines Artikels in der „Zeit“, dem gutbürgerlich, scheinbar emanzipierten Kleinbürgertum „Die Vogelspinne auf der Sahnetorte“. Und wer war wohl die Vogelspinne und wer die Sahnetorte? Richtig, die Sahnetorte waren die sogenannten Urbaniten (Danke, Peter, für „urbane Nieten“) und die Vogelspinne, dieser nörgelnde Mittebewohner der sozialistischen Platte, der einfach nicht einsehen wollte, als Verlierer der Geschichte nun die Mitte endlich frei zu machen. Diskutiert wurde übrigens auf ästhetischer Ebene: „Ist es nicht wirklich schöner, in Tübingen oder Heidelberg zu lustwandeln?“ Mensch, dann bleib doch in Tübingen oder Heidelberg!

Nein, da verstand man keinen Spaß! Moderne hin oder her, im Stadtführer die Bruno–Taut-Siedlung feiern, aber die Idee der Moderne nach zweckmäßigem Massenwohnungsbau für jedermann und deren Verwirklichung im Ostteil Berlins, nein Danke.

Natürlich gab es auch die materielle Seite der Verwertung an Grund und Boden in der Stadt. Nachdem im Großstadtwahn vor Allem die Baubranche nicht kleckerte, sondern klotzte und gierig nach immer neuen Bauflächen gierte, kam nach der Entwicklung und Bebauung des Stadtrandes mit schnuckeligen kleinen Einfamilienhäusern nun die „Renaissance der Stadt“.

Gestern wurde Bilanz gezogen, in der Hoffnung, das Planwerk wiederzubeleben. Die Ernte ist dürftig und in der Schublade „Tat doch gar nicht weh“. Einen Tagesausflug ist es jedenfalls nicht, sondern nur mal ein Blick zwischen Mitte und Kreuzberg, dort wo die Stadt eh jede Orientierung verloren hat. Am Friedrichswerder wurden „Townhäuser“ gebaut. Man stritt sich, ob dort 150 oder 500 Bewohner siedeln. Von außen betrachtet eher 23, die alle noch eine Villa außerhalb haben. Unweit davon fehlt das Ahornblatt, das „identitätsstiftende Denkmal der Fischerinsel“, ja aber ist ja nicht mehr da, kann also auch keine Identität stiften. Jetzt reibt sich dort die Traufhöhe der Gründerzeit an dem Hochhaus der Moderne, oder Büro und Hotel am Wohnen in der Stadtmitte – Stadt sieht irgendwie anders aus. Und dafür der jahrelange erbitterte Streit der intellektuellen und politischen Eliten?

In Mitte wohnt man jedenfalls kreativ und preiswert. Und um die wissensbasierte, kreative Klasse geht es in der Gegenwart. Im Wettstreit der Metropolen wollen wir für diese Leute die arme Stadt so sexy machen, dass sie auf dem Tempelhof Brot und Rosen finden.

Ach ja, London macht es übrigens vor, Orte benennen, wo gebaut werden soll und an den sozialen Brennpunkten IDEASTORES bauen, eine Mischung aus Bibliothek, Volkshochschule und Jobcenter.
Mein Haus, mietermodernisiert in den 90ern und mit Mietobergrenzen im Sanierungsrecht bis heute gesichert, wird übrigens für 3 Mio verkauft, plus Sanierungsbedarf kalkuliert man mit Mieten von 16 Euro.

Und wie ging nun die Bilanz des Planwerkes aus? Wie geht’s weiter in dieser Stadt?
Keine Ahnung, konnte nicht bis zum Schluss bleiben, wollte lieber zur Kampagne „Wir bleiben alle“.

Karin Baumert


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