Mit Spree-Investoren-Spray gegen den Stadtumbau von Oben
Senat und Bezirk haben natürlich Recht – es spricht vieles für „MediaSpree“…
a) Berlin ist die boomende Welthauptstadt Deutschlands!
Nationale Töne gingen schon immer mit dem ganz großen Kapital einher.
b) Berlin braucht ganz dringend eine neue Veranstaltungshalle!
Es gibt ja „nur“ schon ein gutes Dutzend davon, subventioniert und unausgelastet.
c) Das Spreeufer muss attraktiver werden!
Und besonders romantisch ist es unter Hochhausreklamen und Werbetafeln, neben Luxuslofts, mit 5 Meter schmalem Ufer, Videoüberwachung inklusive.
d) Kreuzberg und Friedrichshain müssen dringend aufgewertet werden!
Ja genau! Endlich die ranzigen Ecken der Stadt von alternativem Gesindel säubern und die Mieten hochtreiben.
e) Welthauptstadt-Arenen brauchen Zufahrten für Zehntausende!
Jippieh, endlich tosender Autoverkehr auf neuer Brommybrücke. Eisenbahnstraße und Wrangelkiez aus dem Dornröschenschlaf erwecken! Am besten gleich mit Autobahnanschluss.
f) Berlin braucht Jobs! Juhu, endlich als Kartenabreißerin und Putzmann das Hartz IV aufbessern.
g) Die Kreativen sind Berlins größtes Potential! Stimmt, aber die unangepassten werden immer schön bekämpft. Allianz, Vivendi, Nike, Universal und MTV machen es vor: Maximale Ausbeute (Firmenbeteiligung, Goldgrube Wasserbetriebe, Okkupation alternativen Images) bei maximaler Subvention und minimaler kreativer Leistung. Gewollt ist, wer Mainstream-Kommerz-Profithai oder aalglatt-hochpreisiger Dienstleistungs-Promotion-Affe ist. Lasst uns nachfragen bei einer der hippen, neuen Agenturen in „MediaSpree“, am besten ohne vorher zu klingeln.
Hiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiilfeeee! Wie dumm und seelenlos lassen wir uns eigentlich regieren!?
Da helfen wohl nur noch… Bürgerinitiativen, z. B. diese hier: Mediaspree versenken!.
Und hier noch ein empfehlenswerter Bericht auf systemfehler.info.
Bilder 3-8 + Bild 10: Westmonster
5 Antworten zu “Kiezspaziergang „MediaSpree versenken!“”
a.) Wer heute noch glaubt, das die Zukunft Berlins am „grossen Kapital“ hängt, hat seit der Wiedervereingung die Augen fest geschlossen gehabt. Die Zukunft Berlins sind eine Vielzahl von kleinen Initiativen. Von Biotechnologie-Startups bis Kunstgalerien, von freien Webdesignern bis Musicalproduzenten, von Altenpflegediensten bis Dönerbuden. Aber sowas passt halt nicht in Altlinke- und Sponti-Klischees. Berlin besonders nationale Töne zu unterstellen ist, wenn man sich auf der Welt umschaut – von Washington bis Paris, von Teheran bis Moskau – entweder provinziell oder uniformiert.
b.) Berlin braucht eine grosse Veranstaltungshalle offenbar so sehr, dass ein nüchtern-kapitalistisch kalkulierender kanadischer Investor dafür verdammt tief in die Tasche greift. Kann sein, dass er sich täuscht. Ich glaube aber, er hat sich den Markt und die Nachfrage sehr viel genauer angesehen als Du. Schliesslich geht es zu einem guten Teile um seine Kohle. Oder die seiner Anleger. Und die erwarten, das ist so bei Angelsachsen, eine hohe Rendite. Keine Steuerabschriebung. Spricht also doch einiges dafür, dass mit Nachfrage nach der Halle zu rechnen ist. Und sehr viel dagegen, das Du Dich in diesem Markt überhaupt auskennst. Jenseits von wohlfeilen Klischees.
c.) Das Spreesufer muss sicher auch attraktiver werden. Noch wichtiger aber ist, dass sich Berlin wirtschaftlich entwickelt. Irgendjemand muss doch die Kohle erwirtschaften, damit Berlin weiterhin die höchste Sozialhilfempfänger-Quote der Republik finanzieren kann. Und die Wohnungsbaugesellschaften behalten kann. Sich über wirtschftliche Entwicklung lustig zu machen kann man ganz locker, wenn man frei von wirtschaftlcihen Risiken ist. Die sind kleiner, wenn man sehr reich ist. Oder wenn man als gepflegter Anarcho durch Berlin schlürft. Als wenn man eine Familie ernährt. Als wenn man auf Pflege angewiesen ist. etc etc.
d.) Kreuzberg und Friedrichshain müssen natürlich aufgewertet werden. Rede doch mal mit den Quartiermanagern, zB in der Potsdamer Strasse. Oder im Rollbergviertel. Dann wirst Du sehen, wie sehr die sich Aufwertung (Radikalsanierung ist nicht gemeint) wünschen, um das aus der Balance geratene soziale Gefüge wieder zu stabilisieren. Mehr Unternehmen. Mehr bürgerliche Strukturen. Mehr Normalos. Abegesehen davon tust Du so, als wäre Kreuzberg und Friedrichhain Eures. Kreuzberg ist auch die südliche Friedrichstarsse. Oder die Bergmannstrasse. Abgesehen davon ist der Wunsch nach „Einfrieren“ und Unterbindung von Entwicklung zutiefst konservativ. Mein Gott, was waren das für Zeiten, als die Linke noch für Aufbruch stand. „Gentrification“-Prozesse, dh das Aufwerten von Vierteln und damit der Zwang zum Umzug für viele der früheren Bewohner, ist in Berlin im Vergleich zu praktisch allen anderen Ständten von Algier bis Seattle, sanft, gering und harmlos. Das ist Teil von Urbanität. War schon immer seit Jahrhunderten. Hätte es Euro Sorte Leute vor 150 Jahren im Scheunenviertel gegeben, stünde jene immer noch dort. Wer nicht begreift, dass solche Prozesse die Stadt erst zur Stadt machen, soll doch bitte auf dem Land leben. Das heisst nicht das jede Entwicklung gut geheissen werden muss. Das heisst nicht, dass man vergessen darf, wie wichtig die Hausbesetzerszene für den Erhalt von grossen Teilen der Berliner Gründerzeit-Bebauennung war. Aber „Gentrification“ so pauschal abzulehnen und zu verurteilen, wie Du es für die beiden Ortsteile tust, ist schlichtweg dumm.
e. Ja, mehr Verkehr wird es geben. Das ist schlecht, was die Umwelt angeht und was die Lärmbelastung angeht. Aber auch hier: Vergleiche mal Berlin mit anderen Städten. Dann kommt man zu einem ausgewogeneren Urteil. Nur ist es dann halt nciht so plakativ, gell?
f. Ja, es wird einfache Jobs geben. Aber gerade die braucht Berlin am Dringendsten. Die Arbeitslosigkeit ist nunmal gerade in sozialen Gruppen, die solche Jobs nachfragen, mit Abstand am grössten. Die Leute, die ein Juraexamen haben, schlagen sich schon irgendwo durch. Den anderen muss man helfen. Solche, die in anderen Bundesländern zB in einem mittelständsichen metalverabreitenden Betrieb angestellt sind. Und die in Berlin durch dem Kollaps der Industrie kaum mehr eine Chance haben, von Hartz4 runter zu kommen. Man kann es aber auch zynisch wegbügeln und aburteilen, so wie Du.
g. Wer bist Du denn um einzuteilen, wer „zulässiger“ Kreativer ist und wer nicht? Was für eine masslose Arroganz allen anderen gegenüber. Und obendrein auch noch grottenfalsch. Man muss schon ziemlich grosse Tomaten vor den Augen haben, wenn man nicht anerkennen kann, dass keine europäische Grossstadt so sehr wie Berlin den Leuten, die Du hier als einzig ware Kreative stilisierst, Chancen gibt. Wo sonst sind die Lebenshaltungskosten so niedrig? Wioe sonst ist der ökonomische Refinanzierungsdruck so gering? Wo sonst kann man mit Ideen jenseits klassischer Geschäftmodelle so viel spielen? Rede doch mal mit Leuten in London. In Tokyo. Oder in New York. Leute, die einen internationalen Blick haben, kommen eher zum ungekehrten Schluss. Das was Du schreibst kann man nur denken, wenn man über den Tellerrand nicht hinausblickt und sich in einem national-verengten Blickwinkel verliert.
h. bürgerliches Engagement ist in der tat immer gut.
Grüsse
Lothar
Zum Glück gibt es auch noch ein paar Leute, bei denen die Gehirnwindungen noch richtigrum laufen! Kann dem Lothar nur Recht geben!!!!
Es sind doch gerade die, die hier am lautesten krähen und die eine Initiative nach der anderen dagegen Gründen (wogegen, dass wissen sie warscheinlich selber nicht), die von dieser Stadt am meisten profitieren!!! Sozialschmarotzer!!! Ich kann bloß hoffen, dass es mit dieser Stadt weiter bergauf geht damit es eines Tages mal wirklich eine Weltstadt wird. …und dazu gehört nunmal MediaSpree, MTV, Universal, ein sauberes Kreuzberg/Friedrichshain, ARBEITENDE BEVÖLKERUNG!!! uvm.
[…] Beim letzten Mal regnete es nicht und die Fahrradrallye davor war auch toll! […]
[…] Beim letzten Mal regnete es nicht und die Fahrradrallye davor war auch toll! […]
[…] Artikel MediaSpree gehört versenkt bei antiberliner.de, Ausgabe 12, Juni/Juli 2007↑ Artikel Kiezspaziergang: „MediaSpree versenken!“ bei abriss-berlin.de, 24. April 2007↑ Der Trend geht zum Loft, jungle world, 18. April 2007↑ […]