Noch mal Glück gehabt!


Der Böse Wolf erklärt Berlin

Auf dem Bundesparteitag der „Linken“ verkündet Klaus Lederer einen trügerischen Erfolg. Warum der Fusionsparteitag von PDS und WASG nun in Berlin stattfand, wissen wir nicht. Aber es sieht halt etablierter aus, wenn die „Linke“ im hübschen Estrel-Hotel fusioniert, statt im Revierpark Dortmund. Jedenfalls begrüßte der PDS-Landesvorsitzende Lederer die angereisten Delegierten mit den Worten: „Wir nehmen dies auch als Rückenwind für unsere politische Arbeit hier in Berlin.“

Die Politik der PDS in Berlin lässt sich ja recht treffend unter die Schlagworte „Ja-Sagen“, „Wegducken“ und „Sich-gut-finden“ einordnen. Deshalb wollen wir hier nicht schon wieder auf die großen PDS-Erfolge, wie den „Kampf für das Sozialticket“ (erst abschaffen, dann mit den Protesten dagegen solidarisch sein, dann überteuert wieder einführen) oder das „Drei-Euro-Kulturticket“ (Vergabe von nichtverkauften Theater- und Opernkarten an Arme an bestimmten Wochentagen in bestimmten Häusern zu bestimmten Vorstellungen eine Stunde vor Vorstellungsbeginn) eingehen. Auch über das merkwürdige Einheitsschulenmodell auf freiwilliger Basis (bei dem fast keine Schule mitmacht) ließe sich trefflich spotten.

Nun trug aber Klaus Lederer auf dem Fusionsparteitag – wieder einmal – einen Riesenerfolg des rot-roten Senates vor, nämlich den Verkauf der Landesbank samt Sparkasse an den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV). Dass der DSGV über fünf Milliarden Euro für die ehemalige Bankgesellschaft hinzublättern bereit ist, liegt daran, dass der Verband die zur Landesbank gehörende Sparkasse nicht in den Händen privater Investoren wissen wollte. Eigentlich ganz gut, dass die Berliner Sparkasse im Lager der Sparkassen bleibt – auch wenn das rot-rote Sparkassengesetz die Berliner Sparkasse zu einem Institut gemacht hat, das sich nicht anders als eine beliebige Privatbank benimmt. Vom „Girokonto für alle“ – auch für Hartz4-Betroffene oder Verschuldete – oder einer gemeinnützigen Verwendung der Gewinne, die in anderen Bundesländern selbstverständlich ist, keine Spur. Rot-Rot wollte mit solchen gesetzlichen Bestimmungen keinen privaten Investor verschrecken und versteckte sich hinter einer EU-Auflage, in welcher man viel zum Thema Bankgesellschaft und so gut wie nichts zum Thema Sparkasse lesen kann.

Lederer stilisierte heute diesen Verkauf zu einer gewonnenen Schlacht der Berliner PDS gegen die „Neokons“ in der EU-Kommission hoch. Dazu möchten ihm bitte alle anderen „Linken“ gratulieren, denn es sei doch eine ganz schöne Arbeit gewesen. Ohne Lederer die Freude verderben zu wollen, müssen wir doch festhalten, dass die Berliner PDS nichts dafür kann, dass der DSGV die Bank gekauft hat. Hätte sie etwas dafür gekonnt, dann wäre das Verkaufsverfahren nicht „diskriminierungsfrei“ gewesen und der Verkauf hätte nach EU-Regeln nicht stattfinden dürfen. Und gerade auf dieser „Diskriminierungsfreiheit“, nach der kein potentieller Käufer, egal ob privat oder öffentlich-rechtlich, benachteiligt werden dürfe, ritt Lederer in den letzten Monaten herum. Mit ihr begründete er, warum Rot-Rot keine sparkassentypischen Elemente wie zum Beispiel besagtes „Girokonto für alle“oder Vorgaben zur Gewinnverwendung im Sparkassengesetz unterbrachte.

Dass nun der DSGV zugriff, ist ein Glücksfall für den rot-roten Senat und ein noch größerer Glücksfall für die Berliner PDS, da diese nun – wie so oft – herumtuten kann, dass es dann doch nicht ganz so schlimm gekommen ist, wie befürchtet. Wenn nun schon die Sparkasse durch den rot-roten Senat verhunzt wurde, können sich die Berliner und Berlinerinnen dann wenigstens über den vergleichsweise hohen Verkaufspreis freuen? Eher nicht. Denn von diesem Geld soll die ebenfalls von Rot-Rot fabrizierte „Risikoabschirmung“ für die ruinösen Immobilienfonds der Bankgesellschaft bezahlt werden. Freuen werden sich also nach wie vor die Fondszeichner der Bankgesellschaft, denn die „Risikoabschirmung“ bedeutet, dass sie die von der Bankgesellschaft garantierten Renditen für ihre Fondsanteile nun eben vom Land Berlin ausgezahlt bekommen.

Lederer liegt ausnahmsweise mal richtig, wenn er sagt, dass sich die EU-Kommission sicher über den Verkauf der Landesbank an einen privaten Investor gefreut hätte. Das deutsche Bankensystem mit seiner Trennung von Privatbanken, Genossenschaftsbanken und öffentlich-rechtlichen Banken wie den Sparkassen ist sowohl der EU als auch dem Privatbankensektor ein Dorn im Auge. Es ist aber beileibe nicht so, dass die Gefahr eines Aufbrechens dieses Systems mit dem Berliner Landesbank-Verkauf an den DSGV abgewendet wäre. Denn das unter rot-roter Verantwortung von einer internationalen Kanzlei geschriebene Berliner Sparkassengesetz macht den Verkauf der Sparkasse an einen privaten Investor nach wie vor möglich – und deshalb ist es ein Modellgesetz für die ganze Bundesrepublik. Es bleibt also nur abzuwarten, wann das nächste Bundesland seine Sparkassen privatisieren möchte und sich dabei auf das Berliner Sparkassengesetz berufen wird. Besagte Kanzlei steht sicher schon bereit, ihre Erfahrungen beratend zur Verfügung zu stellen.

Und überhaupt, vielleicht freut sich Lederer auch zu früh. Wie das Handelsblatt meldet, überprüft die EU-Kommission den Landesbank-Verkauf, da es wohl Verdachtsmomente gäbe, die auf diverse Absprachen im Bieterverfahren hindeuteten. Sollte eine Überprüfung des Verkaufs diese Verdachtsmomente erhärten, wäre der Verkauf ungültig. Dies hätte gravierende finanzielle Folgen für die dann nicht verkaufte Landesbank und somit auch für das Land Berlin. Was dann zusätzlich zu einer von Rot-Rot zu Grunde gerichteten Sparkasse und einem rot-roten Sparkassengesetz, das schon heute als neoliberales Modellprojekt gilt, bliebe, wäre eine taumelnde Landesbank.

Gratulation, Herr Lederer.

Benedict Ugarte Chacón


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