Mieterverdrängung und Privatisierung in SO36
Im August war der Tagespresse zu entnehmen, dass die öffentliche Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) mit Senatssegen 3.100 Wohnungen verkaufen darf. Wir erinnern uns noch an die Koalitionsverhandlungen des rot-roten Senats. Damals wurde der Presse von Seiten der Linken mitgeteilt, dass man hart dafür gerungen hätte, weitere Privatisierungen auszuschließen. Im Koalitionsvertrag liest sich das allerdings so: „Verkäufe von Wohnungen sind auf das zur Eigensicherung und Bestandarrondisierung zwingend erforderliche Maß zu begrenzen.“
In SO36 ist die WBM derzeit in zwei größere Verkaufsvorhaben verwickelt. Zur Zeit wird die Privatisierung von 21 Häusern im Waldekiez abgewickelt. Für die Häuser hatte die „Betroffenengemeinschaft Waldekiez“ (www.waldekiez.org) dem Senat ein Konzept eines Stiftungsmodells vorgelegt, das dieser zugunsten einer eigentumsorientierten Genossenschaft ablehnte. Der Initiative ging es vor Allem um eine Lösung, die es den Mietern ermöglichen sollte, in ihrem Kiez zu bleiben. Bereits 12 Häuser sind an die Genossenschaft Ostseeplatz übergegangen. Neue zukünftige Mieter wird es in diesen Häusern nicht mehr geben: Wohnungsanteile kaufen und Genosse werden heißt jetzt die Devise. In allen Häusern wurde den Mietern eine Mieterhöhung zugesandt. Dies geschah bei den 12 Häusern jeweils kurz vor dem Eigentümerwechsel. Geschickt eingefädelt. Daher ist davon auszugehen, dass auch die restlichen 9 Häuser wohl abgewickelt werden sollen.
Der zweite großflächige Verkauf betrifft insgesamt ca. 1.600 Wohnungen der Blöcke 100, 97 und 77 rund um die Waldemarstraße. Nur gerüchteweise hat der Mieterrat Block 100 von den geplanten Verkäufen erfahren und sich nun in einem Offenen Brief an die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer (SPD), gewandt. Hier wird gefordert, dass die Mieter über den geplanten Verkauf informiert werden und vor Allem wird um Informationen gebeten, welche sozialen Auflagen, wie Kündigungsschutz oder der Ausschluss von Luxussanierungen, gemacht werden. Ein Glück haben die Mieter in den Blöcken. Sie befinden sich noch im sozialen Wohnungsbau. Die WBM konnte ihnen daher nicht kurz vor dem Verkauf eine Mieterhöhung zusenden. Die Förderung für den Block 100 läuft allerdings Ende des Jahres aus.
Weitere Informationen und rechtliche Beratung: Mieterladen Dresdener Strasse oder Mieterrat Block 100 oder Berliner Mietergemeinschaft.
Eine Antwort zu “Wohnungsverkäufe ausgerechnet in SO36”
„Neue zukünftige Mieter_innen wird es in diesen Häusern nicht mehr geben: Wohnungsanteile kaufen und Genosse werden heißt jetzt die Devise.“
ist über die o.a. ostseeplatz-konzeption näheres bekannt?
zunächst gilt wohl, dass es für mieter nur besser werden kann, wenn sie von dem ganovenverein WBM wegkommen. das ist die theorie. auch, dass gemeinhin genossenschaftsanteile und nicht wohnungsanteile erworben werden, dass genossenschaftliches tun eine etwas weniger profitorientierte kapitalistische variante darstellt. tatsächlich sind auch genossenschaftler (wenn „nur“ mitglied) normalmieter, und sie sind keineswegs privilegiert, sieht man einmal vom möglichen service, der erschwinglich bleibt, ab.
infrage steht nun, ob die, die vor ca. 5 jahren genossenschaftlich(es) eigentum in prenzlbg erworben haben, vergleichbares auch für die „veredelung“ des SO36 so beabsichtigen. liquiditäts- und finanzierungsgründe legen dies nahe, möglich erscheint aber auch eine mieterfreundlichere regegelung?
weiss jmd. genaueres? die waldekiez-hp ist leider nicht à jour, und bei der BMG findet sich dazu auch nichts detailliertes.
r.