Die sogenannten CarLofts in Kreuzbergs Reichenberger Straße sind ein Kristallisationspunkt der Auseinandersetzung über Aufwertung, Verdrängung und steigende Mieten. „Zusammen mit Professor Zec fahren wir im Auto einen Car Lift hoch und genießen die tollen Ausblicke aus den Lofts über Berlin.“
Aber zunächst wollen wir noch auf dem Boden bleiben, auf der Straße vielmehr:
Am Samstag demonstrierten in einem bunten Protestzug über 1.000 Menschen gegen diese Entwicklung. Auch die Abendschau berichtete – kurz. Unter den (vorübergehend) Demonstrierenden fand sich Bezirksbürgermeister Franz Schulz, der sich – raffiniert wie so oft – an die Spitze der von unten organisierten Bewegung setzte und im Vorfeld einen Offenen Brief an den Berliner Senat formulierte, in welchem er den Befürchtungen der Demonstrierenden Recht gibt und u. a. neue Obergrenzen bei Mieterhöhungen einfordert. Das Medienecho hierfür war überall in der Stadt vernehmbar. Geradezu paradox aber mutet es an, dass Schulz auf der anderen Seite immer noch einer der Hauptverfechter der Mediaspree-Planungen ist und nicht nur offen Politik gegen die alternativen, linken und autonomen Bewegungen betreibt, sondern auch gegen die erfolgreichen Bürgerbegehren Spreeufer für Alle und Bethanien für Alle, welche er und seine grüne Fraktion – in freundlicher Kooperation mit der „Die Linke“ und der SPD – stets mit Inbrunst torpedieren und auszumanövrieren suchen. Mittlerweile nehmen die „Grünen“ neben dem Slogan „Spreeufer für Alle“ auch eine gewisse Deutungshoheit für sich in Anspruch, während die im Bürgerentscheid erfolgreichen – aber unerfüllten – Forderungen der Initiative im Sonderausschuss zurechtgestutzt werden sollen. Während die „Die Linke“ weitestgehend abtaucht und die SPD weiter Politik für exklusives Wohnen betreibt, streuen die „Grünen“ mittels sogenannter Spree-Infos ihrer – hoffentlich nicht allzu blauäugigen – Klientel geflissentlich Sand in die Augen. Wahrheitsgehalt: Gering.
Dies ist der frustrierende, Wut befördernde Rahmen, in dem nun auch der direkte Protest gegen steigende Mieten und die Verdrängung ärmerer Bevölkerungsteile heranwächst. Immer mehr Menschen in Kreuzberg und anderen innenstadtnahen Bezirken können sich ihre Wohnung nicht mehr leisten und müssen wegziehen. „Anders steht es da um Professor Peter Zec und seine Familie. Denn Geld spielt keine Rolle. Erst vor kurzem hat die Familie entschlossen, ihren neuen Wohnsitz nach Berlin zu verlagern. Bei der Wohnungssuche legen Peter Zec und seine Frau Jana vor allem Wert darauf, eine Wohnung nach den eigenen individuellen Vorstellungen und Wünschen gestalten zu können. Doch auch dies ist nicht so einfach.“
Wer sind eigentlich die Menschen, die in ein CarLoft ziehen möchten?
Während „Linke“ und „Grüne“ in Bezirk und Senat – gegen die interessen der eigenen Klientel (?) – die Hand über Wohnprojekte dieser Couleur halten, denken die potentiellen Käufer längst über die Veränderung der Umgebung ihrer künftigen Heimstatt nach. Über einen von ihnen bin ich zufällig beim Zappen gestolpert: Peter Zec, Professor für Wirtschaftskommunikation und Initiator des red hot design award. Für viele Menschen, die sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können, gerät der Kampf ums Bleibendürfen und die oftmals darauffolgende Wohnungssuche zum bitteren Abenteuer, für Menschen wie Peter Zec jedoch ist das „Abenteuer Wohnungssuche“ ein solch heiteres, dass sie es stolz von einem TV-Magazin dokumentieren lassen: Während seine Gattin die Vorzüge des CarLofts für die Sicherheit ihrer Kinder beim Einsteigen in das familieneigene Luxusauto preist, spricht Peter Zec von der (vermutlichen) Notwendigkeit, die Karosse besser nicht an der Straße zu parken. Und während ein Blick auf den Fernsehturm für ihn in jedem Fall zum Wohnkomfort dazugehört, kommen im Angesichte schmuckloser Fassaden in der Nachbarschaft einige Zweifel auf: Das sei ja „richtig Berlin“. Selbtredend zweifelt er nicht an der Richtigkeit seines eigenen Begehrs, sondern an der jener wild-verlottert wohnenden Kreuzberger, deren Nachbar er künftig sein würde. Daher regt er an, mit den Hausbesitzern zu reden, damit diese doch bitte ihre Fassaden aufhübschen mögen. Schließlich müssten sie ja ein Einsehen haben und sich den „neuen Gegebenheiten anpassen“.
Etwa 1.000 Menschen standen am Samstag – nebst 4 von uns – etwa 100 Meter von den CarLofts, die durch Hundertschaften der Polizei abgeschirmt wurden, entfernt und sie alle schienen zu meinen: Wir haben kein Einsehen und wir wollen uns nicht anpassen!
Ostprinzessin