Wir wollen, dass Berlin so lebenswert ist, wie es liebenswert sein kann. Wir lieben und brauchen kulturelle Aufbrüche, bezahlbares Wohnen, unabhängige Locations und ein Berlin ohne Nationalismen, Ausgrenzung, Überwachung und sinnentleerter Eventkultur. Wir wollen, dass sich vielfältige Alternativen entfalten können und wenden uns gegen Abhängigkeitsgeflechte, die Kritik und Alternativen im Keim ersticken.
Wir erkennen die soziale, kulturelle und städtebauliche Rückschrittlichkeit in der Stadtentwicklung. Besonders grauenerregende Projekte – „Mediaspree“, Privatisierungen, Schlossplatz, Potsdamer Platz, Alexanderplatz, City West u. v. m. – werden zudem mit kulturellem Beiwerk getarnt. Aber siehe da: Wohin wir ausgehen, wo und was wir kaufen, ist weitestgehend uns selbst überlassen. Es steht in unserer Verantwortung.
Warum z. B. unterstützt Bäcker X die Verherrlichung vergangener Monarchien? Warum lässt sich Theater Y von Sponsor Z fördern? Wie soll es dann ein kritisches Stück zu den Machenschaften seines Sponsors auf die Bühne bringen? Warum werden Kunst und Kultur oft nur für die gemacht, die genügend Geld bezahlen können, während es immer mehr Menschen in Berlin existentiell an den Kragen geht? Warum ist es hässlich, als Club einen Sponsor wie Nike zu haben? Was halten wir davon, wenn der Betreiber eines Kulturkaufhauses auch lecker Gefängnisessen produziert und Überwachungsfirmen betreibt, oder wenn die Besitzerin des Labels unseres Lieblingskünstlers die öffentliche Verwaltung, Bildung und Sicherheit übernehmen will? Oder wenn Jobs auf Ausbeutung gegründet werden?
Wir wollen unsere Stadt nicht verkaufen, denn wir und viele Andere haben jede Menge alternative Ideen für sie, die Allen zu Gute kommen, die wirklich in der Stadt leben und nicht vergessen haben, dass eine Stadt auch ein sozialer Ort ist oder sein sollte. FÜR all Diejenigen, die ein selbstbewusstes, nicht an den Rand gedrängtes, würdiges Leben in Berlin führen wollen, in dem stets soziale und ökologische Belange ins Zentrum des Interesses gerückt werden. GEGEN ein Berlin, in dem sich eine sinnentleerte Spirale dreht, die eine hauptstädtische, kapitale, nationale und auf die Interessen Weniger zugeschnittene Potenz entfaltet.
Es gibt zahlreiche Orte in Berlin, die in diesem Lichte zweifelhaft – mal mehr, mal weniger – erscheinen und von denen wir hoffen, dass dort die Zeichen der Zeit erkannt werden und selbstbewusst den zweifelhaften Interessen widerstanden wird – weil wir dann auch ohne Bauchweh zu ihnen kommen und mit ihnen Berlin weiterentwickeln und es zu einem reizenden Ort für kritisch reflektierende, kreative Geister machen, die es nicht erdulden wollen, dass im Windschatten der Kunst – im Namen einer prosperierenden Entwicklung – in Wahrheit eine Verdrängung der Bewohner und eine Zerstörung der subkulturellen Identitäten Berlins stattfindet, die von einer laut tönenden Machtpolitik gefördert werden, die uns am Ende auch noch vorschreiben will, wie wir unser eigenes Leben und unsere Geschichte zu deuten haben – und dabei eine soziale, städtebauliche und kulturelle Rückschrittlichkeit in die Stadt pflanzt, während wir kritiklos in einer der neuen Event-Arenen sitzen, wo wir in einem Dauerwerbeblock den Klängen eines jeweiligen Sponsors unseres perfekt auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenen Künstlers lauschen, der unsere Kauflust anregen soll, während er unsere Träume bedient – und die Kassen der Kapitalisten klingeln lässt, damit wir die nächste Event-Arena in unseren Garten gepflanzt bekommen.
Wir bleiben alle.
ostprinzessin
5 Antworten zu “(No) Go Area”
Da lieber nicht hin gehen…
Auf ABRISSBERLIN entsteht gerade eine Liste von Orten, an denen man in Berlin besser nicht ausgeht und einkauft. Die Aufzählung der “No Go Areas” wird beständig erweitert werden; ausführliche Begründungen für die einzelnen Orte folg…
Sehr gute Idee, diese NoGoArea.
Was für mich nicht auf Anhieb ersichtlich ist: warum ist das HAU dabei?
Danke! Wir bauen das noch aus – mit erklärenden Stichwortsätzen und Artikeln.
Das HAU ist ja eigentlich – schlicht gesagt – ein tolles Theater bzw. 3 tolle Theater, aber eine Sache will doch so gar nicht ins gute Bild passen:
„(…) unterstützt mit seinen Mitgliedern ideell und materiell die Arbeit des Hebbel am Ufer. Mit besonderer Unterstützung durch DAIMLERCHRYSLER.“
Reicht das? 😉
Ich war auch böse überrascht. Die sollten das schleunigst aufkündigen! Ich würde mir Arbeiten am HAU wünschen, die sich kritisch bis vernichtend mit der Daimler AG auseinandersetzen. Glaubhaft geht das nur, wenn die nicht als Fördererin auftreten. Logisch. Und immerhin gehört der Konzern zu den größten Rüstungsunternehmen, größten Umweltpolitik-Verhinderern und fördert zudem eine Unzahl an grauenerregenden Projekten – weltweit – deren Aufzählung wohl in etwa bis Weihnachten dauern könnte.
Ach je, das wußte ich nicht.
Diese Konzerne schrecken wirklich vor nichts zurück. Wahrscheinlich hätte die Daimler AG noch nicht einmal was dagegen, kritisch bis vernichtend im HAU bedacht zu werden. Hauptsache, der Name erscheint in der Öffentlichkeit.
Die Deutsche Bank hat es ja sogar geschafft, die Dreigroschenoper im Admiralspalast zu sponsern. Das fand ich nun wirklich obszön. Ich schlage deshalb den Admiralspalast für die No-Go-Liste vor.
BERLIN BLACKWATER meinte die kdw in ihrem letzten kommentar zur überwachung öffentlicher plätze durch private sicherheitsdienste, siehe kommentar zu:
http://www.abriss-berlin.de/blog/2007/08/22/heuchelei-als-allheilmittel/