87 % pulverisieren Potsdamer-Plätze-Pläne


29.786 der 34.935* (19,1 % der Wahlberechtigten) Wählenden stimmen uns zu. 15 % der Wahlberechtigten mussten abstimmen, damit die Wahl gültig ist. 86,8 % stimmten für das Bürgerbegehren der Kampagne Mediaspree Versenken und gleichzeitig 44,5 % für den Vorschlag der Bezirksparteien. Am Samstag hatten noch einmal bis zu 5.000 Menschen gegen Mediaspree demonstriert und zogen in einer Spreeparade gut gelaunt und übergut bewacht durch Friedrichshain und Kreuzberg.

Unabhängige, autonome Initiativen haben im engen Verbund mit antikapitalistischen, traditionell linksradikalen Initiativen und in Übereinstimmung mit einer Mehrheit der Bevölkerung in Kreuzberg und Friedrichshain den größten Erfolg ihrer jüngeren Geschichte errungen. Zugleich ist der Entscheid gegen Mediaspree der erste, der sich gegen eine Allparteienkoalition richten musste und der trotz einer massiven Torpedierung durch Parteien und Mainstream-Medien gewonnen werden konnte.

Die Kampagne entstand 2006 im queeren Umfeld des Transgenialen CSD (Christopher Street Day) und wird seither vom NewYorck im Bethanien unterstützt, wo sich die Aktivist_innen der Kampagne und des Begehrens regelmäßig treffen und logistische Unterstützung erhalten. Damit hat ein FDP-Abgeordneter nachdrücklich Recht bekommen, der bereits im letzten Jahr eine erboste Anfrage an den Senat stellte: „Erst das Bethanien besetzen, dann Mediaspree versenken?“ – Ja genau.

Der Entscheid ist noch erfolgreicher als der Entscheid zur Verhinderung der Rückbennung der Rudi-Dutschke-Straße in Kochstraße. Vor anderthalb Jahren hatten 16,6 % der Wahlberechtigten in Kreuzberg und Friedrichshain abgestimmt und das Begehren mit 57,1 % abgelehnt – damals noch in Übereinstimmung mit GRÜNEN, LINKEN, SPD und zahlreichen Medien.

„Man möchte diesen Projektentwicklern mit Holzmodellen ihrer dummen Kisten solange auf den Kopf klopfen, bis sie begriffen haben, dass es nicht unbedingt der Potsdamer Platz mit seinem Maredo-Steakhaus ist, der Berlin im Ausland den Donnerruf der Hipness eingebracht hat“, sagen nicht etwa die Leute der Initiativen zur Kampagne Mediaspree Versenken, denen ein Spießbürger Blog-Aktivist in Stralau „Krawallkommunikation“ attestiert, sondern Peter Richter für die FAZ.

Zum „Park“ unter der Leuchttafel der O2 World meint er weiter: „Dort ist es dann allerdings auch so lauschig wie auf dem Kundenparkplatz einer Neubau-Sparkasse. Wenn man diese planierte Ödnis sieht (…)“

Die Bewegung hat an Schwung gewonnen. Nun geht es auch darum, hierarchische Strukturen innerhalb der Initiativen abzubauen, den Widerstand zu verbreitern und zu verschärfen sowie auf die Umsetzung der nunmehr in jeder Hinsicht demokratisch legitimierten Forderungen zu dringen.

Ostprinzessin

(*Die vorherigen Angaben „über 30.300/34.932“ wurden hier nachträglich korrigiert.)

, ,

19 Antworten zu “87 % pulverisieren Potsdamer-Plätze-Pläne”

  1. Ja,
    aber was wurde nun aus dem auch allzu berechtigtem Begehren : „Wir Berliner wollen unser
    Wasser wieder haben !“
    Ich finde, dass auch mal wieder über dieses geredet werden sollte. Immerhin ist Mediaspreee
    wichtig, aber doch allein eine Berliner Spielwiese. Das Wasserthema dagegen könnte diese Fragen der lokalen Demokratie, die sich ja durch solche – insbesondere so deutlich ausfallenden – Abstimmungen von unten sehr ellegant mit globalen Fragen nach Demokratie statt Kapitalismus verbinden. In berlin könnte das eben meinen: da wir nun daran gewöhnt wurden (relativ) hohe Renditen auf dem Preis für unser Wasser zu zahlen, wollen wir gefälligst an deren Stelle globale Wassersteuern entrichten für ein reales Menschrenrecht auf Wssserversorgung für alle und ökosozial realisieret.
    Ich finde das sollte doch Anlass sein für eine größere Veranstaltung, die direkt nach dem Wert und der Notwendigkeit direkter Demokratieformen fragt und zur Diskussion stellt, dass die Parteipolitikers so Abstimmungen wir das wasser begehren nicht einfach unterbuttern können dürfen sollten.
    gruß auch
    Ruth

  2. Ach herrjeh.

    Die „Krawallkommunikation“ bezog sich übrigens nicht auf die Aktionen von MS Versenken sondern auf die Rhetorik, insbeondere die Flyer, die sich gegen die Yuppisierung wenden. In Friedrichshain gibt es ja durchaus solche unangenehmen Entwicklungen, zum Beispiel rund um die Boxhagener Straße. Aber bitte schön doch nicht in der Corinthstraße oder am Rudolfplatz.

  3. Meinen allerherzlichsten Glückwunsch zum Ergebnis!

    Auch die Bemerkung zum „Blog-Aktivisten in Stralau“ hat mich amüsiert. (Das nur ganz nebenbei.)

  4. Auch von mir alles Gute. Ich verstehe allerdings die Häme nicht ganz – zumal ich in dem Text klar zur Abstimmung für den MS-Versenken-Vorschlag aufgerufen habe. Daß ich vorher auch auf mögliche Gegenargumente und Schwierigkeiten eingehe, also bitte – seid Ihr da wirklich so empfindlich?

  5. Bemerkenswert ist ja auch die offizielle Reaktion aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung a.k.a. Senatorin Junge-Reyer. Oberflächlich nach praktischem jetzt-gemeinsam-vorwärts-Arbeiten klingend, entpuppt sich das Statement bei näherem Hinsehen als starrköpfiges Weiter-so.
    Wer genau hinhört und auf den exakten Wortlaut achtet, mag dies schon im ersten Satz erkennen: „Nach dem Bürgerentscheid „Spreeufer für alle!“ am 13. Juli 2008 wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung den konstruktiven Dialog mit den politisch und fachlich Verantwortlichen im Bezirk, den Investoren und Anwohnern im Spreeraum weiterführen.“ Es geht also nicht etwa darum, nach dem sich eindeutig gegen die herrschende (und insbesondere von SenStadt voran getriebene) Stadtentwicklungspolitik wendenden Votum einen neuen Dialog zu beginnen. Nein, der angeblich bestehende (wo soll der bitteschön denn sein? – ach so, es geht darum, dass wir Frau Junge-Reyer ordentlich zuhören und Folge leisten?) soll eben „weitergeführt“ werden.
    Was das konkret bedeutet, entpuppt sich nach zwei- bis dreimaligem Lesen einer weiteren verklausulierten Äußerung: „Das Land Berlin ist bei dieser Entwicklung ein verlässlicher Partner für alle Investoren, die sich auf vorhandenes Baurecht und auf bestehende städtebauliche Verträge berufen können.“
    Im Klartext: Jede Änderung bestehender Bebauungspläne und erteilter Baugenehmigungen durch den Bezirk wird umgehend von Senatsseite kassiert werden. So einfach geht das: Verlässlichkeit gegenüber der Betonlobby, und einen von hierarchischer Entscheidungsgewalt gezeichnenten „Dialog“ über ein paar Brosamen für die 30.000 Unterstützer_innen des Bürger_innenbegehrens.

    http://www.stadtentwicklung.berlin.de/aktuell/pressebox/archiv_volltext.shtml?arch_0807/nachricht3131.html

  6. @stralau:

    Empfindlich? Du schreibst etwas von schwierigen Tönen. Als eine Prinzessin, die nichts lieber tut und nichts für notwendiger hält als das Anschlagen von schwierigen Tönen/aus der Rolle zu fallen/neben der Spur zu liegen/unnormal zu sein, machen mich solche Aussagen skeptisch.

    Weiter schreibt Du, es gehe bei Mediaspree in erster Linie um städtebauliche und nicht um (anti-) kapitalistische Betrachtungen. Der im Mainstream gut ankommende Popstar Carsten Joost zum Beispiel sieht in der Versenkung der geplanten städtebaulichen Dimensionen des Projekts den Schlüssel für die Versenkung des Kapitalismus – zumindest an diesem Standort der obszönen Auswüchse. Auch mit dieser Motivation hat er der Kampagne das Begehren „Spreeufer für Alle“ anempfohlen.

    Im Weiteren: Wenn ich Deine Aufforderung zur Beseitigung der East Side Gallery ansehe, bemerke ich (u.a.), dass Du den „Park“ unter der O2-World-Werbetafel willkommen heißt, gleichzeitig aber die Tafel gar nicht bemerkst. Das nun wieder ist mir regelrecht unheimlich!

    Etwas Häme (und Reklame) stellen daher doch einen durchaus noch höflichen Umgang dar, oder nicht? Im Übrigen denke ich, dass wir in weiten Teilen das Gleiche lieben und beschützen. Allerdings denke ich, dass sich (realistischerweise!) nur ein antikapitalistischer Weg mit entsprechendem Ziel dafür eignen kann, dieser Liebe auch Taten folgen zu lassen bzw. dieser Liebe zur Blüte zu verhelfen.

  7. Über meine Einstellung zum Kapitalismus habe ich ja noch gar nichts geschrieben. Ich glaube nur, daß es nicht sinnvoll ist, bei der Lösung eines Problems (Städtebau) gleich alle anderen mit lösen zu wollen. Und ja: auch wenn auch mich am Kapitalismus einige Dinge wirklich stören, glaube ich schon, daß bestimmte Dinge durchaus ohne sofortige Revolution lösbar sind. Ich weiß, daß „Mediaspree versenken“ einen antikapitalistischen Ansatz verfolgt, wollte aber in meinem Text ausdrücken, daß man für das Bürgerbegehren stimmen kann und sollte, auch wenn man diesen Ansatz nicht teilt.

    Der Abriß von Schützenswertem findet momentan vor allem aber nicht nur im Osten an ganz vielen Stellen statt. Überall gibt es Initiativen, die sich dagegen wehren. Sie tun dies aus unterschiedlichen Motivationen, das recht erfolgreiche Stadtforum Leipzig beispielsweise kommt eher aus einem bürgerschaftlichen Engagement. MS Versenken kommt kulturell aus einer anderen Ecke, so what? Ist es nicht dennoch das gleiche Problem, dem sich beide entgegenstellen? Sollte man mögliche Verbündete von vornherein ausschließen, nur weil sie anders sozialisiert sind?

    Ansonsten bin ich auch für die Erhaltung erhaltenswerter Dinge, na klar.

    Zur Häme: ich finde es schon etwas verletzend, zumal es sofort Claqueure auf den Plan ruft – siehe Kommentar 3.

    Zum Artikel zur East-Side-Gallery: Da unterstellstu mir aber ganz schön viel. Der Artikel ist schon etwas älter und auch fehlerhaft. Ich hatte während der Bauarbeiten geglaubt, daß dort die Ausgleichspflanzung von Bahn und Post stattfinden, weiß aber inzwischen, daß das gar nicht an dieser Stelle ist. Die Werbetafel finde ich auch kraß, na hör mal. Ich bin aber davon ausgegangen, daß es ausreicht, ein Foto davon zu zeigen – so dumm sind meine Leser ja nun auch nicht, daß man sie auf alles mit der Nase stoßen müßte.

    Aber selbst wenn ich das Schild gut finden würde – ist das ein Grund, mich als Spießer zu beschimpfen, anstatt in einem Kommentar zum Artikel vielleicht einfach nochmal drauf hinzuweisen? Es lebt sich sicher recht einfach mit solchen Schubladen – allein, ein Gespräch wäre vielleicht sinnvoller.

  8. Lieber „stralau“,

    als Verfasser von „Kommentar 3“ möchte ich in aller Bescheidenheit darauf hinweisen, daß mein Kommentar weder mit „Häme“ etwas zu tun hatte noch ich ein „Claqueur“ bin. Deine Unterstellungen halte ich für eine ziemlich schwache Reaktion.

    Wenn ich geschrieben habe, daß die Bemerkungen der Ostprinzessin zu Deinem – wie ich finde – lauwarmen Artikel mich „amüsiert“ haben, so deshalb, weil sie mich an einen früheren Artikel in Deinem Blog erinnert haben, in dem Du Dich zunächst als vermeintlicher Kritiker der städtebaulichen Entwicklung in Deinem Kiez positioniert hast und Dich dann, nach einem beipflichtenden Kommentar meinerseits, von Deinem eigenen Artikel quasi wieder distanziert hast. Auch die Tatsache, daß Du verschiedene Kommentare von mir in vorauseilendem Gehorsam meintest, löschen zu müssen, passt ins Bild.

    Da ich Dein Blog schon länger nicht mehr lese, tangiert mich dieses Thema allerdings nicht mehr. Deshalb: kein weiterer Kommentar.

  9. Der Vorwurf dem Löschen in vorauseilendem Gehorsam ist wirklich unverschämt. Vielleicht hättestu mir ja eine Mail schicken können, daß Du es Dir doch anders überlegt hast. Da Du es aber schon in der Öffentlichkeit ausbreitest (obwohl Du damals schrubst, das Thema sei erledigt), hier meine Antwort: Du hattest mich gebeten, zwei Deiner Kommentare zu löschen. Ich habe das auch getan – und zwar nicht in vorauseilendem Gehorsam. Aber klar, wenn Du möchtest, kann ich nochmal suchen, ob sie vielleicht irgendwo in einem Backup finde, dann stelle ich sie auch wieder rein. Sag bescheid, meine Mailadresse hastu ja.

    Ich bin kein vermeintlicher Kritiker der städtebaulichen Entwicklung, sondern setze mich hier konkret für Veränderung ein. Im richtigen Leben, außerhalb des Internets, ich treffe regelmäßig die Leute, die hier betroffen sind, auch die, die vielleicht eine ganz andere Vorstellung von Städtebau haben als ich. Da entwickelt man vielleicht ein differenzierteres Bild als Außenstehende. Davon abgesehen: der einzige Kommentar von Dir in meinem Blog, der nicht gelöscht ist und wo ich mich später noch einmal gemeldet habe, befindet sich unter diesem Artikel. Da habe ich allerdings überhaupt nicht auf Deinen Kommentar reagiert – distanziert habe ich mich auch nicht – ich glaube, Du liest da etwas hinein, was überhaupt nicht da steht.

    Zum lauwarmen Artikel: Wie oben schon geschrieben hatte er die Intention, Leute, die genauso wie ich, zunächst unschlüssig waren, für die Belange von MS Versenken zu werben. Ich habe aber inzwischen den Eindruck, daß es einigen nur um Freund-Feind-Denken geht und auf kleine Abweichungen von der rechten Linie, ja,hämisch reagiert wird. Das könnt Ihr machen, schade ist es aber natürlich schon.

  10. Letzte Anmerkung dazu: ja, es stimmt, ich habe Dich damals gebeten, meine Kommentare einfach zu löschen, weil ich das endlose Lamentieren über deren Zulässigkeit und die Bedingungen, die ich zu erfüllen hätte, damit Du sie nicht löschst, nicht mehr ertragen konnte. Kurz gesagt: Du hast mir damit gedroht, meine Kommentare zu löschen, und ich habe darauf schließlich mit der Bitte reagiert, das doch einfach zu tun.

    Dabei ging es, nebenbei bemerkt, um absolute Lapalien, für die ich damals wie heute keine Zeit übrig habe.

    Ob Du die Kommentare heute veröffentlichst oder weiterhin gelöscht läßt, ist mir egal.

    Gruß,
    Alexa

  11. Ah, noch ein letzter Kommentar, auch wenn Du keine Zeit hast 🙂

    Tut mir leid, aber Du hast die ganze Geschichte in die Öffentlichkeit getragen, deswegen hier noch eine Antwort: Du lügst. Ich habe Dir zu keinem Zeitpunkt gedroht, Kommentare zu löschen oder aber Bedingungen gestellt, damit ich sie nicht lösche.

    Ja, es gab einen Disput über Deine Kommentare, erst im Blog und dann per Mail und irgendwann hast Du mich gebeten, sie zu löschen. Das wars.

  12. „mein Weblog hat, wie andere auch, die unangenehme Eigenschaft, bei bestimmten Suchbegriffen relativ schnell weit oben bei Google gerankt zu werden. Das kann gerade dann, wenn sich die Anwürfe nicht nachweisen lassen für diese Personen recht unangenehm sein. In einem anderen Fall warte ich noch auf Antwortmails von den Beteiligten, bin aber kurz davor, ein paar Kommentare genau deswegen zu löschen.

    Und ich denke darüber nach, das mit Deinen Kommentaren auch zu machen.“

    (Aus einer e-mail von „Stralau“ vom 30.10.07)

  13. Habe ich das so geschrieben? Kann sein, ich habe nicht mehr den vollständigen Mailverkehr von damals. Dann tut mir der Vorwurf der Lüge ehrlich leid.

    Vorauseilender Gehorsam war es dennoch nicht. Ich habe die Kommentare tatsächlich nur gelöscht, weil Du mich darum gebeten hattest:

    Für meine Kommentare übernehme ich die Verantwortung. Trotzdem bitte ich Dich, sie aus Deinem Blog zu löschen und dieses Thema damit als erledigt zu betrachten.

    Warum Du hier dennoch wieder damit anfängst, verstehe ich immer noch nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert